Es ist Samstagmorgen, 9 Uhr. Die Außentemperaturen liegen bei -6 bis -8 Grad Celsius. Der Boden ist zwischen 3 cm und 10 cm tief gefroren. Die Sonne steht noch tief am Horizont.
Eine Gruppe von 20 bis 30 Leuten trifft sich beim Biologikum auf dem Uni-Campus Riedberg. Ihr Ziel ist es, bei der Anlage eines kleinen Wäldchens (Tiny Forest) auf der Wiese neben dem Biologikum mitzuhelfen.
Dank eines edlen Spenders wurde die Goethe-Universität Frankfurt in die Lage versetzt, insgesamt drei »Tiny Forests« auf ihren Geländen entstehen zu lassen. Die größte Anlage wird hier am Unicampus Riedberg gepflanzt, da hier noch die meiste Fläche zur Verfügung steht und aufgrund der Nähe des Wissenschaftsgartens.
Das zweite Wäldchen wird im Ginnheim entstehen, in der Nähe der Sporthochschule. Das dritte Wäldchen kommt dann auf den Campus Westend, in die Nähe des Instituts für Psychologie (PEG-Gebäude).
Während Deutschland im Aufbau von »Tiny Forests« der internationalen Entwicklung noch hinterherhinkt, geht die Entwicklung in Frankfurt endlich voran. Nachdem im letzten Jahr der erste »Tiny Forests« in Eckenheim in der Nähe der Theobald-Ziegler-Schule errichtet wurde, wird aktuell – unabhängig von den Pflanzungen der Goethe-Universität – ein weiterer »Tiny Forests« am Dornbusch auf der Bertramswiese errichtet.
Wer also heute schon einen Blick in die Zukunft werfen möchte, um zu sehen, wie so ein »Tiny Forest« in ein bis zwei Jahren aussieht, kann sich das in Eckenheim ansehen. Dort haben die Bäume bereits eine Wuchshöhe von 2 m bis 3 m erreicht.

Einführung für die Teilnehmer
Die Gruppe der Baumpaten und Freiwilligen wird begrüßt von Frau Susanne Honnef, Referentin Fundraising/Sponsoring und von Frau Fabienne Beck, Leiterin des Nachhaltigkeitsbüros, beide an der Goethe-Universität Frankfurt tätig.
Nur dank des ausgeprägten Mäzenatentums, das verantwortungsvolle Bürger dieser Stadt pflegen, ist es möglich, trotz staatlich verordneter Sparaktionen, trotzdem so schöne Projekte wie diese drei »Tiny Forests« doch noch stemmen zu können.
Nach kurzen Hinweisen auf die Örtlichkeiten sowie die Verpflegungs- und Getränkestation übergeben die Damen an Herrn Robert Anton, den technischen Leiter des Wissenschaftsgartens.

Einführung durch Herrn R. Anton
Die wissenschaftlichen Grundlagen für »Tiny Forests« wurden von dem japanischen Vegetationskundler Akira Miyawaki gelegt. Herr Miyawaki war auch zweimal in Deutschland und arbeitete mit Herrn Reinhold Tüxen, einem deutschen Botaniker und Pflanzensoziologe zusammen. Tüxen baute einen Botanischen Garten auf, der als einer der ersten an pflanzensoziologischen Erkenntnissen ausgerichtet wurde.
Deutschland – Eldorado für Buchenwälder
Aufgrund von Klima und Bodenverhältnissen würde ein unbeeinflusster Wald hier in Deutschland typischerweise ein Buchenwald sein. Je nachdem, wie sich die Bodenverhältnisse und die klimatischen Bedingungen regional verändern, könnte auch ein Eichenhain entstanden sein.
Vorbereitung der Pflanzungen
Einer von den beiden »Tiny Forests«, die man neben dem Biologikum sehen kann, ist bereits von Herrn Antons Mitarbeitern eingepflanzt worden. Die wissenschaftlichen Fachkräfte haben auch schon Bodenproben entnommen und diese Pflanzung wird in den nächsten Jahren wissenschaftlich begleitet werden.
Die andere Pflanzung wurde für die Einsaat durch die Baumpaten und Freiwilligen entsprechend vorbereitet. Der Boden ist tiefgründig gelockert worden, etwa 70 cm. Die Erdschicht wurde verbessert mit Kompost aus dem Botanischen Garten. Dazu ein bisschen natürlicher Dünger (Hornspäne) und ein wenig Lavagestein. Dadurch wird der sehr dichte Lössboden, den wir hier oben haben, ein bisschen luftiger. Denn luftgefüllte Hohlräume sind ein entscheidender Faktor für tiefes Wurzelwachstum.

Enge Bepflanzung
Jeder Helfer bekommt ein Bündel mit 6 wurzelnackten Pflanzen, die auf einer vorgezeichneten Fläche von 1 Quadratmeter einzupflanzen sind. Wichtig ist, dass man die Setzlinge nicht zu tief pflanzt. Es gibt Pflanzengewebe, das im Boden sein muss, und es gibt Gewebe, das im Boden drüber sein muss.
In der Folgewoche werden die Setzlinge, sobald die Temperaturen nicht mehr im Frostbereich liegen, noch ausgiebig gewässert, auch wenn es regnen sollte, weil dann der Wurzelschluss, zum Boden entsteht. Der Boden ist generell relativ feucht in diesem Jahr. Wir haben daher keine großen Probleme mit Boden-Trockenheit. Am Ende gehen die Mitarbeiter des Wissenschaftsgartens dann noch mit Stroh und Mulch über die Fläche. Auch in der Folgezeit wird bei Bedarf noch bewässert.
Das System, das Miyawaki entwickelt hat, beruht auf einer intensiven Konkurrenz der Pflanzen um Platz für Wurzelwerk, um Nährstoffe und Zugang zu Licht und Luft. Diese extreme Konkurrenz treibt die Pflanzen dazu, sehr schnell auszutreiben und zu wachsen. Dadurch wird die Entwicklung hohe Bäume besonders gefördert. Auf diese Weise entsteht sehr schnell ein kleiner Wald, eben ein »Tiny Forest«. Diese Art von Wäldern sind nur dafür gedacht, im urbanen Bereich zu entstehen. Im Spessart, im Odenwald oder im Taunus wäre das keine vernünftige Pflanzmethodik, aber in besonders verdichteten urbanen Gebieten gibt es eben nur sehr wenig Platz.

Nicht alle Pflanzen werden überleben. Das ist jedoch Teil des natürlichen Prozesses. Insgesamt werden etwa 20 bis 25 Pflanzen auf 1,5 qm Fläche gesetzt.