Schlagwort: Frankfurter Sparkasse

Und die nächste Bankfiliale muss dran glauben

Tower der Hessischen Landesbank

Diesmal ist die Reihe an der Filiale der Frankfurter Sparkasse im Hessen-Center in Seckbach.
Nur ein Automat zum Geldabheben und ein Kontoauszugsdrucker sind geblieben. Insgesamt 17 von 49 Standorten der Frankfurter Sparkasse im Stadtgebiet sollen geschlossen werden. Bis 2024 werden in Frankfurt noch die Filialen im Reuterweg, in Sossenheim, Ginnheim und Nieder-Eschbach geschlossen, teilt die Sparkasse mit.

Die Begründungen für die Filial-Schließungen sind immer wieder die gleichen:

  • Sinkende Nutzerzahlen in den Filialen
  • Personalkosten
  • Ausweichmöglichkeit auf andere Filialen

Aus dem wirtschaftlichen Blickwinkel eines Kreditinstitutes sind die Argumente erst mal einleuchtend. Bei näherer Betrachtung sind dann jedoch Schwachstellen in der Argumentation erkennbar.

Wer sinkende Nutzerzahlen als Argument heranzieht, verkennt, dass nur klassische „einfache“ und unproblematische Geschäftsvorfälle inzwischen vollständig elektronisch abgewickelt werden. Sobald es Probleme in der Geschäftsbeziehung gibt, wird durchaus Beratung benötigt.

Auch komplexere Bankdienstleistungen wie Wertpapiergeschäfte, Auslandszahlungsverkehr, Baufinanzierungen, um nur einige zu nennen, benötigen einen gut ausgebildeten Bankmitarbeiter, der den Kunden ordentlich berät. Wie schlecht inzwischen die Beratungsleistung in einigen Banken ist, konnte durch entsprechende Test-Kunden festgestellt werden.

Gerade die Sparkassen zeichnen sich nicht durch besonders günstige Gebühren aus. Wer Wert auf Verfügbarkeit vor Ort und gute Beratung legt, zahlt bisher bereitwillig diese Preise. Gerade wenn eine positive Beziehung zu den Mitarbeitern in der jeweiligen Filiale aufgebaut werden konnte. Fällt die persönliche Bindung und die Kundennähe weg, bleibt die Preisfrage und viele Kunden weichen dann auf eine der kostengünstigeren Konkurrenzinstitute aus. So erodiert mittel- und langfristig die eigene Kundenbasis.

Verarschen kann ich mich selber – dazu brauche ich keine Bank

In der Wächtersbacher Straße wurde die Filiale geschlossen mit dem Hinweis, man könne ja in die Schäfflestraße gehen. In der Schäfflestraße wurde die Filiale zugemacht mit dem Hinweis, auf die Filiale im Hessen-Center. Und jetzt wurde die auch noch geschlossen. Nun müssen die Leute nach Enkheim oder Fechenheim. Wer weiß wie lange die Filialen dort noch existieren? Wie lautet der uralte Banker-Witz: Beim Geschäft steht der Kunde im Mittelpunkt und auch da nur im Weg!

Die Sparkassen unterscheiden sich von den anderen Kreditinstituten durch den Versorgungsauftrag und die kommunalen Eigentümer als Träger der Sparkassen. (Hessisches Sparkassengesetz: „Die Sparkassen haben die Aufgabe, als dem gemeinen Nutzen dienende Wirtschaftsunternehmen ihrer Träger geld- und kreditwirtschaftliche Leistungen zu erbringen, insbesondere Gelegenheit zur sicheren Anlage von Geldern zu geben.“ Und: „Die Erzielung von Gewinn ist nicht Hauptzweck des Geschäftsbetriebes.“)

Gilt der Versorgungsauftrag noch?

Wird der Versorgungsauftrag jedoch nicht mehr ernst genommen (Abhängen älterer Mitbürger, Diskriminierung behinderter Menschen, Ausgrenzung von Menschen die nicht Technik-Affin sind und dem Online-Banking nicht trauen, …) entfällt auch die Grundlage für eine Sonderbehandlung der Sparkassen. Dann sollten sie sich auch dem vollen Konkurrenzdruck stellen, wie alle anderen Kreditinstitute. Auf die öffentliche Hand kommt dann die Aufgabe zu, wie sie die Versorgungssicherheit der Bevölkerung mit Bankdienstleistungen zukünftig sicherstellen will.

Die Ortsbeiräte werden vom Magistrat abgebügelt, wenn sie eine Änderung der Situation fordern. Die Macht der Bankvorstände reicht weit in die Politik hinein. Es fehlt derzeit an politischem Willen und so verschanzt man sich hinter Aussagen wie: „Der Magistrat hat keinen direkten Einfluss auf die wirtschaftlichen Entscheidungen von Anstalten öffentlichen Rechts und kann nicht in die Geschäftstätigkeit der Frankfurter Sparkasse eingreifen.“ Das kann zwar erst mal nicht widerlegt werden, aber der politische Wille der Bevölkerung kann den Sparkassen trotzdem um die Ohren fliegen.

Im Ortsbezirk 11 wurde im vergangenen Sommer die Filiale an der Wilhelmshöher Straße geschlossen. Die Sparkasse habe einen alternativen Standort in Seckbach für einen Automaten gesucht, aber nicht gefunden. Die Suche nach einem Standort sei nun final eingestellt worden, so ein Sparkassen-Sprecher.


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Die Frankfurter Sparkasse hat einen guten Kompromiss gefunden

Tower der Hessischen Landesbank

Die Frankfurter Sparkasse entstand 1989 durch den Zusammenschluss der Frankfurter Sparkasse von 1822, einer Tochter der polytechnischen Gesellschaft und der Stadtsparkasse Frankfurt die damals noch in der Rechtsform eines wirtschaftlichen Vereins geführt wurde.

Somit liegt das Gründungsdatum der beiden fusionierten Institute im Jahr 1822, sodass die Bank in diesem Jahr ihr 200-jähriges Jubiläum feiern kann. Anlässlich dieser Feierlichkeiten ist auch die Herausgabe einer Festschrift geplant, mit deren Erstellung das Institut für Bank- und Finanzgeschichte (IBF) beauftragt worden war. Das IBF seinerseits hatte den Historiker Dr. Ralf Roth, einem Professor für neuere Geschichte und Experte für Unternehmensgeschichte im »Dritten Reich« beauftragt, einen Teil dieser Festschrift (die Ära von 1822 – 1970) zu erarbeiten.

Dabei stieß Herr Dr. Roth auf tiefe Verstrickungen der Sparkasse mit den Gräueltaten der Nationalsozialisten. Daraufhin entbrannte ein monatelanger Streit wie mit diesen Entdeckungen umzugehen war. Ein erheblicher Imageschaden für die Bank drohte. Die Beteiligten suchten seitdem nach einer Lösung, wie auf der einen Seite die Festschrift noch rechtzeitig fertiggestellt werden kann und wie man auf der anderen Seite dem Vorwurf begegnet, die Bank wolle Teile ihre Geschichte vor der Öffentlichkeit verbergen.

Der Vorstand der Frankfurter Sparkasse und die Polytechnische Gesellschaft als damalige Gründerin der Sparkasse fanden nun gemeinsam einen Ausweg. Sie beauftragten das renommierte Fritz-Bauer-Institut, sich dieses Themas anzunehmen. Das Fritz-Bauer-Institut hatte bereits im Jahre 2010 im Auftrag der Polytechnischen Gesellschaft die eigene Geschichte in der Zeit des Nationalsozialismus untersuchen lassen. Die traurigen Erkenntnisse wurden veröffentlicht, damit in der Zukunft aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt werden kann. Diese Entscheidung brachte dem Institut in der Öffentlichkeit breite Anerkennung.

Das Fritz-Bauer-Institut wird sich mit der Geschichte der betroffenen jüdischen Kunden der Sparkasse beschäftigen und dabei auch die Verantwortlichkeit des damaligen Trägers der Sparkasse von 1822 untersuchen. Parallel dazu wird die geplante Festschrift fertiggestellt damit sie noch im Jubiläumsjahr präsentiert werden kann. Für die Erforschung der nationalsozialistischen Vergangenheit steht nun genügend Zeit zur Verfügung, um die Arbeit gründlich durchzuführen.

Das Fritz-Bauer-Institut hat seinen Namen von dem hessischen Generalstaatsanwalt, der sich gegen viele Widerstände durchsetzte und dafür sorgte das in den Sechzigerjahren die Auschwitzprozesse in Frankfurt durchgeführt werden konnten. Im Institut läuft derzeit ein Forschungsprojekt zum Thema „Arisierung in Frankfurt“ die einherging mit dem Raub von Grundstücken und Immobilien aus jüdischem Besitz. So können die Erkenntnisse aus beiden Untersuchungen zu einem neuen Gesamtbild der Vorgänge im Dritten Reich hier in Frankfurt führen.

Ein vernünftiger Ausweg aus dem angerichteten Schlamassel. Die Öffentlichkeit darf gespannt auf die Ergebnisse der wissenschaftlichen Untersuchungen sein. Auch wenn die Wunden der Vergangenheit heute noch weh tun, ist es gut, wenn sie ans Tageslicht gebracht werden, denn nur die Wahrheit und das was wir daraus für unsere Gegenwart lernen und umsetzen macht uns wirklich frei.


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Die Bewältigung der Vergangenheit – ein schwieriges Unterfangen

Tower der Hessischen Landesbank

Zum 200-jährigen Bestehen der Frankfurter Sparkasse am 12. Juni soll eine Festschrift herausgegeben werden. Gern würde man stolz auf seine Vergangenheit zurückblicken, wenn da nicht die Zeit des Nationalsozialismus gewesen wäre.

Vor mehr als zwei Jahren hatte der Historiker Herr Dr. Ralf Roth, Professor für Neuere Geschichte und Experte für Unternehmensgeschichte im »Dritten Reich«, an der Goethe-Universität Frankfurt, den Auftrag bekommen, einen Teil dieser Festschrift (die Ära von 1822 – 1970) zu erstellen. Der Auftrag lief über das Institut für Bank- und Finanzgeschichte e. V. (IBF). Dieses Institut vermittelt und fördert seit über 50 Jahren finanzhistorische Forschung mit finanzieller Unterstützung der Kreditinstitute und versteht sich dabei als Plattform für den Dialog zwischen Wissenschaftlern und Managern aus der Finanzindustrie.

Herr Prof. Dr. Roth informierte im November den Vorstand der Sparkasse, dass das Institut sich aktiv am Holocaust beteiligt und sich dazu bisher nie öffentlich geäußert hatte. Dieses unangenehme Thema sollte nun in der Festschrift mehr oder weniger weggekürzt werden. Daher hatte im März das IBF Herrn Prof. Dr. Roth den Auftrag entzogen. Stattdessen soll der Bochumer Wirtschaftshistoriker Dieter Ziegler die Epoche des Dritten Reiches beleuchten.

Auch bei anderen namhaften Firmen wurden unangenehme Passagen ihrer Geschichte weggebügelt. Dieser Umgang mit der eigenen Geschichte stößt bei zahlreichen Persönlichkeiten im In- und Ausland auf Entsetzen. Ein Reputationsschaden für das IBF, den Sparkassensektor und Frankfurt war ins Leben gerufen worden.

Während der Nazizeit entstand bei der Sparkasse eine neue Kontoart, die Geschichte schrieb: das sogenannte Sicherungskonto auf dem Geld jüdischer Sparer eingefroren wurde, bis die Eigentümer umgebracht worden waren und damit das Geld dem NS-Staat zur Verfügung gestellt werden konnte. Nach ersten Schätzungen sollen etwa 17.000 bis 19.000 solcher Konten bei den beiden Vorgängerinstituten der Frankfurter Sparkasse (Frankfurter Sparkasse von 1822 und Stadtsparkasse Frankfurt) existiert haben. Die Frankfurter Sparkasse galt ab 1940 als »NS-Musterbetrieb«. Der Leiter der Sparabteilung, Herr Emil Emge machte in der Sparkasse eine steile Karriere, die durch den Sieg der Alliierten nur kurzzeitig unterbrochen wurde.

Der Vorstandschef der Frankfurter Sparkasse berichtete in einem Interview, dass eine Unterdrückung der NS-Vergangenheit nicht beabsichtigt sei. Der Abschnitt der NS-Zeit sei so umfangreich und müsse daher parallel nachgearbeitet werden. Daher soll dieses Kapitel ausgelagert und zu einem eigenen Thema werden, das eventuell sogar noch vor der Chronik veröffentlicht wird.

Herr Prof. Dr. Roth könnte einigen Riedbergen von seinem Vortrag am Riedberg bekannt sein. Dieses Event wurde 2017 veranstaltet vom damaligen Culture Club im Gymnasium Riedberg, zum Thema „Frankfurt im 19. Jahrhundert“.


Quellen:
Der Spiegel Nr. 12 vom 19.03.2022
Frankfurter Neue Presse vom 19.03.2022, 24.03.2022, 30.03.2022 und 02.04.2022

Weiterführende Links:
https://de.wikipedia.org/wiki/Ralf_Roth_(Historiker)
Frankfurts Banken ziehen sich aus den Stadträndern zurück

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