Schlagwort: FIAS

Die Gründung des FIAS war eine kuriose Geschichte

FIAS Gebäude der Stiftung Giersch

20 Jahre Frankfurt Institute for Advanced Studies (FIAS)

Wolf Singer, der Mit-Initiator des Frankfurt Institute for Advanced Studies (FIAS) erinnert sich. Es war die Zeit der Jahrtausendwende. Theorien und Simulationen für sein Fachgebiet, die Neurobiologie und alle Naturwissenschaften wurde immer wichtiger.

„Daher habe ich ganz frech einen Antrag bei der VW-Stiftung für eine theoretische Stiftungsprofessur Neurowissenschaften an der Uni Frankfurt gestellt“, erzählt er. Der Antrag wurde international begutachtet, als tragfähig befunden und die ersten Fördergelder genehmigt.

Auch andere Wissenschaftler, wie zum Beispiel der Physiker Walter Greiner waren zu der Zeit auf der Suche nach mehr theoretischer Physik. Beim damaligen Präsidenten der Goethe-Universität stießen sie auf ein offenes Ohr.

„Komplexe Systeme, egal in welcher Wissenschaftsdisziplin, lassen sich durch die gleichen theoretischen Ansätze beschreiben!“ so die immer noch gültige Zielsetzung.

Das FIAS wurde als gemeinnützige Stiftung bürgerlichen Rechts gegründet. Dies ermöglichte Flexibilität in der Forschung. Zusammen mit Steinberg und Horst Stöcker, dem Vizepräsidenten für Forschung und späteren ersten FIAS-Vorsitzenden, machten sich Wolf Singer und Walter Greiner auf die Suche nach geeigneten Räumlichkeiten und Finanzierungspartnern.

Wichtige Förderer wurden gefunden

  • BMBF (Bundesministerium für Bildung und Forschung)
  • Boehringer Ingelheim
  • DFG (Deutsche Forschungsgemeinschaft)
  • Karin und Carlo Giersch
  • Helmholtz-Gemeinschaft
  • Hertie-Stiftung
  • Hessische Landesregierung
  • Humboldt-Stiftung
  • Merck
  • Siemens
  • Samson
  • VW-Stiftung
  • und andere

100 Millionen Euro Forschungsmittel wurden zur Verfügung gestellt. Stiftungsrat und Kuratorium wurden gegründet. Gründungsdirektoren im neuen Vorstand waren die Herren Greiner und Singer. Aus 250 Bewerbungen wurden 5 künftige Fellows ausgewählt.

„Das Verbindende in der Vielfalt zu erschließen“, war und ist ein Motto des FIAS.

Nach nur 9 Monaten Bauzeit zog das FIAS 2007 in das neue Gebäude am Riedberg. Bauherr Carlo Giersch: „Wenn sich Geist und Geld begegnen, kann Großes entstehen.“

Die Erfolge des FIAS lassen sich sehen: Die computergestützten Neurowissenschaften haben die Forschenden entscheidend vorangebracht. Theorien und Simulationen von molekularen und zellübergreifenden Netzwerken erlauben Aussagen über Zellbewegungen, Signalprozesse und Interaktionen von Zellen bis zu Computermodellen von Infektionskrankheiten und deren Übertragung.

Physiker beschreiben kleinste und extrem dichte Materieformen, Gravitationswellen und Neutronensterne und liefern wichtige Daten zu Klima, Erdbeben und Stromübertragung. Am FIAS entwickelte Hochleistungscomputer gehören zu den energieeffizientesten Systemen weltweit.

„Ein kleines Institut kann wie ein Schnellboot navigieren und jederzeit die Richtung ändern.“

Neben Neurowissenschaft und Physik nutzt heute auch die Biologie am FIAS Simulation und Modellierung. Das FIAS kann mit den modernen Methoden der EDV die Forschung gezielt und effizient voranbringen. Ein Dank an die visionären Gründer.


Das Jubiläumsjahr

Das Frankfurt Institute for Advanced Studies (FIAS) feiert dieses Jahr sein 20-jähriges Jubiläum. Im markanten roten Institut am Riedberg forschen 150 Fellows und Mitarbeitende interdisziplinär an komplexen naturwissenschaftlichen Zukunftsthemen.

Schwerpunkte sind Simulationen und Theorien aus allen naturwissenschaftlichen Bereichen, die Grundlagen zur Bewältigung der Herausforderungen unserer Zeit schaffen. Als gemeinnützige Stiftung arbeitet das FIAS eng mit der Goethe-Universität, benachbarten Forschungsinstituten sowie privaten Stiftern und Sponsoren zusammen.

Das FIAS feiert dieses Jahr mit Veranstaltungen wie Tag der offenen Tür, Sommerfest und Beteiligung an der »Night of Science« sowie dem Museumsuferfest. Höhepunkt ist der Festakt im Casino der Goethe-Universität am 5. Dezember unter der Schirmherrschaft des Universitätspräsidenten.

20 Jahre FIAS das sind

  • 72 Fellows
  • über 100 Promotionen
  • 3 Stiftungsprofessuren
  • 15 eng kooperierende Adjunct und International Fellows
  • über 20 fördernde Stiftungen und Sponsoren
  • jährlich rund 150 forschende Gäste aus über 25 Ländern

Weiterführender Link
UniReport Ausgabe 5-2024 vom 10.10.2024, Seite 3

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Neues KI-Modell verhindert Schäden an industriellen Leitungen

FIAS-Projekt: Cavitation - Propellerdamage

Schäden wie an diesem Propeller entstehen durch Dampfblasen. FIAS-Forschende ermöglichen die rechtzeitige Erkennung derartiger Kavitationsschäden, was hohe Kosten für Wartung und Reparaturen vermeiden kann. (Foto: Erik Axdahl, CC 2.5)

FIAS-Forscherteam erzielt hohe Genauigkeit bei der Erkennung von Kavitationen.

Dampfblasen sind in Industrieanlagen gefürchtet. Sie entstehen in Leitungen, wenn Flüssigkeit unter Druck anfängt zu sieden oder zu verdampfen. Die sich bildenden und schlagartig zusammenfallenden Blasen schaden Pumpen und Geräten.

Eine Forschergruppe am Frankfurt Institute for Advanced Studies (FIAS) stellt nun einen neuartigen Ansatz zur Erkennung dieser „Kavitationen“ vor, der das industrielle Rohrleitungsmanagement deutlich verbessern könnte. Alle Branchen mit Flüssigkeitssystemen könnten davon profitieren.

Unter der Leitung von FIAS-Fellow Kai Zhou stellt Doktorand Yu Sha in einer aktuellen Studie in der renommierten Fachzeitschrift „Expert Systems with Applications“ das Sub-Master Transition Network (SMTNet) vor. Dahinter verbirgt sich ein innovatives Deep-Learning-Modell, das die kritischen Grenzen aktueller Methoden zur Erkennung solcher Kavitationen überwindet.

Zu den wichtigsten Innovationen des SMTNet gehört ein mehrstufiger Mechanismus, der die optische Kavitationserkennung von Experten nachahmt, aber gleichzeitig intuitivere und genauere Klassifizierungen ermöglicht.

Zudem signalisiert eine Filterstufe langfristige Veränderungen mit akustischen Signalen und erfasst feine Muster, die anderen Modellen entgehen. Ein spezieller Netzwerkbaustein misst sensible Merkmale akustisch. Zudem bildet eine mehrstufige Baumstruktur die Struktur von Kavitationszuständen ab und liefert damit informativere und besser interpretierbare Ergebnisse.

Das SMTNet-Modell wurde an drei realen Kavitationsdatensätzen des Ventiltechnikherstellers Samson AG in Frankfurt eingehend getestet und zeigte dabei eine bemerkenswerte Leistung. Es erreichte eine Genauigkeit für Kavitation von bis zu 100 % und übertraf damit bestehenden Methoden deutlich.

Der Ansatz stellt einen Paradigmenwechsel in der Erkennung und Klassifizierung von Kavitationsereignissen dar. Die Forschungsgruppe nutzt die hierarchische Natur von Kavitationszuständen, um ein Modell zu entwickeln, das nicht nur die aktuellen Methoden übertrifft, sondern auch Ergebnisse liefert, die besser mit den Vorstellungen von Fachleuten auf dem Gebiet der Kavitation übereinstimmen.

Dieser Durchbruch hat weitreichende Auswirkungen auf Branchen, die auf Flüssigkeitssysteme angewiesen sind, darunter die Wasserwirtschaft, die Energieerzeugung und die Fertigung. Die verbesserte Genauigkeit und Interpretierbarkeit des SMTNet-Modells verspricht eine verbesserte Wartungsstrategien, weniger Anlagenausfälle und verbesserte Gesamtsystemeffizienz.

„Es gibt noch Verbesserungsmöglichkeiten, insbesondere bei der Erkennung von beginnender Kavitation in einigen Szenarien“, räumt Zhou ein. „Unsere künftigen Forschungsarbeiten werden sich auf die weitere Verfeinerung des Modells und die Entwicklung einer direkten Ein-Schritt-Methode für die Erkennung der Kavitationsintensität konzentrieren“. Die aktuelle Studie sei bereits ein bedeutender Schritt nach vorne.


Publikation: Shuiping Gou,Yu Sha, Bo Liu, Ningtao Liu, Johannes Faber, Stefan Schramm, Horst Stoecker, Thomas Steckenreiter, Domagoj Vnucec, Nadine Wetzstein, Andreas Widl, Kai Zhou, Hierarchical cavitation intensity recognition using Sub-Master Transition Network-based acoustic signals in pipeline systems. Systems with Applications, Volume 258, 15. Dezember 2024, 125155, ISSN 0957-4174, 125155. https://doi.org/10.1016/j.eswa.2024.125155.

 

Kontakt
Kai Zhou
Frankfurt Institute for Advanced Studies (FIAS)
Tel.: 069-798-47619
eMail: zhou@fias.uni-frankfurt.de
Web: https://www.fias.science/de/theoretische-naturwissenschaften/gruppen/kai-zhou/

Das FIAS (Frankfurt Institute for Advanced Studies) ist eine interdisziplinäre Forschungseinrichtung in Frankfurt am Main. Hier entwickeln international ausgewiesene Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Theorien zu komplexen naturwissenschaftlichen Zukunftsthemen in den Bereichen theoretische Naturwissenschaften, Computerwissenschaften und Kl-Systeme sowie Lebens- und Neurowissenschaften. Über die Grenzen der Disziplinen hinweg erforschen sie mit Hilfe mathematischer Algorithmen und Simulationen die komplexen selbstorganisierenden Systeme der Natur. Das FIAS ist eine gemeinnützige Stiftung zwischen der Goethe-Universität und privaten Stiftern und Sponsoren.
Aktuelle Informationen zu Forschung, Projekten und Veranstaltungen unter https://fias.institute/

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20 Jahre FIAS: Einladung zum Tag der offenen Tür

FIAS Gebäude der Stiftung Giersch

Das Frankfurt Institute for Advanced Studies (FIAS) wird20! Daher lädt das Forschungsinstitut am 6. Juli ab 11 Uhr zum »Tag der offenen Tür« ein. Damit beginnt das FIAS seinen Veranstaltungsreigen im Jubiläumsjahr.

Am kommenden Samstag öffnet das FIAS anlässlich seines 20. Gründungsjubiläums seine Türen für Interessierte: Wer gerne vor dem Fernseher den Fußball mit den Gedanken steuern würde – FIAS-Forschung macht es möglich! Weitere Experimente zum Mitmachen, verständliche Kurzvorträge, ein Kinderprogramm sowie Kaffee und Kuchen locken in das markante rote Gebäude am Riedberg mit Blick auf Skyline und Mittelgebirge.

Solange Menschen handelnd in die Geschicke der Welt eingreifen, sind sie verpflichtet, das Wissbare zu ergründen“, schrieb Neurobiologe Wolf Singer 2004, der zusammen mit dem Physiker Walter Greiner das FIAS gründete. Diesem Antrieb menschlicher Neugier zum Weltverständnis können am kommenden Samstag junge ebenso wie erfahrene Interessierte folgen:  Was ist ein Algorithmus? Wie lassen sich Medikamente mit Licht steuern? Und was passierte nach dem Urknall?

Das FIAS wurde gegründet, um das Verbindende in der Vielfalt zu erschließen.
(Wolf Singer, Gründungsdirektor 2004)

Solchen und vielen anderen Fragen widmen sich die Forschenden am FIAS in ihrer täglichen Arbeit. Als theoretisches Institut stehen dabei vor allem Simulationen und Berechnungen im Vordergrund. Die unglaublich großen Datenmengen, die heutzutage weltweit in Experimenten gewonnen oder vorhergesagt werden können, müssen gefiltert, sortiert und ausgewertet werden. Das gilt für winzige Moleküle in der Zelle ebenso wie für die fernen Ereignisse in Sternen und Galaxien.

Das FIAS [will] Prinzipien identifizieren, die der Organisation komplexer Systeme zugrunde liegen. (aus dem Leitbild 2006)

Von Anfang an symbolisierte das FIAS-Logo diese Verknüpfungen sowie das Verbindende unserer Welt. Heute forschen über 130 Mitarbeitende aus 23 Ländern interdisziplinär in den Bereichen Biologie und Neurowissenschaften, Computer und Künstliche Intelligenz sowie Physik und Theoretische Naturwissenschaften. Mit ihren Simulationen und Theorien tragen sie zur Bewältigung der Herausforderungen unserer Zeit bei: Sie erforschen, wie wir lernen und denken, entwickeln Vorhersagemodelle für Erdbeben, Vulkanausbrüche und Gewitter, untersuchen die Natur von Schwarzen Löchern und optimieren Computer, damit sie nachhaltiger werden.

Als Stiftungsinstitut gewährleistet das FIAS größtmögliche Unabhängigkeit und Flexibilität.
(Wolf Singer, Gründungsdirektor 2004)

Als Stiftungsinstitut lebt das FIAS von seinen Unterstützern: allen voran die Goethe-Universität Frankfurt sowie viele großzügige private Spender sowie fördernde Firmen, die im Laufe der zwei Jahrzehnte Forschung am FIAS ermöglichten.

Ein Schwerpunkt liegt auf der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses: Von Anfang an betreute die FIAS International Graduate School for Science (FIGSS) Promovierende interdisziplinär. Sie fördert die Forschung in den Schnittbereichen zwischen den klassischen Wissenschaften. Möge die Faszination des Wissbaren am Tag der offenen Tür auch kommende Generation für die Wissenschaften am FIAS gewinnen: Alle sind herzlich willkommen!

Weitere ausführliche Informationen unter https://fias.institute, in unseren Jahresberichten https://fias.institute/de/das-fias/informationsmaterial sowie zur Geschichte https://fias.institute/de/das-fias/uebersicht. Gesprächspartner von der Gründung bis zur heutigen Forschung sowie Bildmaterial vermitteln wir Ihnen gerne.


Kontakt
Patricia Vogel
Organisation Tag der offenen Tür am FIAS
Frankfurt Institute for Advanced Studies (FIAS)

Tel.: +49 69 798 47688
eMail: pvogel@fias.uni-frankfurt.de

Das FIAS (Frankfurt Institute for Advanced Studies)
ist eine interdisziplinäre Forschungseinrichtung in Frankfurt am Main. Hier entwickeln international ausgewiesene Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Theorien zu komplexen naturwissenschaftlichen Zukunftsthemen in den Bereichen theoretische Naturwissenschaften, Computerwissenschaften und KI-Systeme sowie Lebens- und Neurowissenschaften. Über die Grenzen der Disziplinen hinweg erforschen sie mit Hilfe mathematischer Algorithmen und Simulationen die komplexen selbstorganisierenden Systeme der Natur. Das FIAS ist eine gemeinnützige Stiftung bürgerlichen Rechts. https://fias.institute/

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Bei uns kicken die Roboter!

Die „Bembelbots" beim Fußballturnier, zu sehen bei der Night of Science der Goethe-Universität.

Frankfurt Institute for Advanced Studies (FIAS)

Im Rahmen der Night of Science an der Goethe-Universität am Freitag, den 21. Juni treten Roboter gegeneinander an – eines von vielen Events von FIAS und der Goethe-Universität.

Wenn die deutsche Nationalmannschaft sich am kommenden Freitag auf das letzte Vorrundenspiel vorbereitet, kicken am FIAS die Roboter. Während der Night of Science am Campus Riedberg können Interessierte die „Bembelbots“ beim Roboterfußballturnier anfeuern. Vom Dachgarten gibt es zudem den schönsten Blick über Frankfurt und eine Mitmach-Ausstellung zur FIAS-Forschung.

Die Bembelbots“, das Roboterfußballteam der Goethe-Universität, bereitet sich am FIAS auf die Weltmeisterschaft vor. Im Juli treten sie in Eindhoven beim »RoboCup« an, bei dem 50 Mannschaften mit selbst programmierten humanoiden Robotern um den Titel kämpfen. Während der Night of Science kann das Publikum das Vorbereitungstraining beobachten. In 10-minütigen Spielen beweisen die Roboter ihr Fußballtalent. „Software zu schreiben, die den Roboter Fußball spielen lässt, ist nicht einfach – schon grundlegende Bewegungen wie das Aufstehen sind kompliziert zu programmieren!“, erklären die Frankfurter Informatik-Studierenden. Die Roboter müssen dabei die FIFA-Regeln befolgen, die von menschlichen Schiedsrichtern kontrolliert und durchgesetzt werden.

Wer sich von den kickenden Robotern im FIAS-Erdgeschoss lösen kann, genießt im vierten Obergeschoss mit Dachgarten den schönsten Blick über Frankfurt. Dort können in einer Mitmach-Ausstellung junge wie erfahrene Interessierte jede Menge über die Forschung am FIAS erfahren und selbst ausprobieren. An dem interdisziplinären Institut forschen über 130 Menschen aus 23 Ländern an komplexen naturwissenschaftlichen Zukunftsthemen. Mit „Künstlicher Intelligenz“ und „lernenden Systemen“ simulieren und berechnen sie unsere Welt – von kleinsten Proteinen in der Zelle bis hin zu den Sternen im Weltall. Ihre Simulationen und Theorien legen die Grundlage zur Bewältigung der Herausforderungen unserer Zeit.

Auch bei den Vorträgen sind FIAS-Forschende zu hören. Sie schildern ihre Faszination für die Wissenschaft: Luciano Rezzolla berichtet über „Die unwiderstehliche Anziehung der Schwerkraft“ (Hörsaal 2, 18:30 Uhr), Ivan Kisel erklärt „KI-Techniken für die Analyse von Schwerionen-Kollisionen“ (H4, 00:45 Uhr) und Sebastian Thallmair stellt „Lichtschalter in Medikamenten“ vor (Biologicum 2, 22:15 Uhr).

Die Night of Science mit einem vielseitigen Programm aus spannenden Vorträgen, Führungen und Mitmachaktionen findet seit 2006 an der Goethe-Universität statt. Ausführliche Informationen, das vollständige Programm und einen Lageplan gibt es auf der Website https://nightofscience.de/. Für die Verpflegung sorgen Grill-, Waffel- und Kuchenstände sowie Getränketheken und Foodtrucks.


Das FIAS (Frankfurt Institute for Advanced Studies)
ist eine interdisziplinäre Forschungseinrichtung in Frankfurt am Main. Hier entwickeln international ausgewiesene Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Theorien zu komplexen naturwissenschaftlichen Zukunftsthemen in den Bereichen theoretische Naturwissenschaften, Computerwissenschaften und KI-Systeme sowie Lebens- und Neurowissenschaften. Über die Grenzen der Disziplinen hinweg erforschen sie mit Hilfe mathematischer Algorithmen und Simulationen die komplexen selbstorganisierenden Systeme der Natur. Das FIAS ist eine gemeinnützige Stiftung zwischen der Goethe-Universität und privaten Stiftern und Sponsoren. https://fias.institute/

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Patricia Vogel
Organisation Night of Science am FIAS Frankfurt Institute for Advanced Studies (FIAS)
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Wie Wellen im Sand: Die junge Hirnrinde bildet spontane Muster

Sand und Hirn

Internationales Forscherteam belegt Fähigkeit zur Selbstorganisation in der Gehirnentwicklung.

Die Hirnrinde (Kortex) erlaubt uns Menschen zu denken, unsere Umgebung wahrzunehmen und zielgerichtet zu handeln. Bestimmte Muster der Hirnaktivität ermöglichen dies. Sie entstehen früh in der Hirnentwicklung durch dynamische Prozesse der Selbstorganisation.

Das zeigen Forschende der University of Minnesota (UoM) und des Frankfurt Institute for Advanced Studies (FIAS) in einer in Nature Communications veröffentlichten Studie.

Sie fanden heraus, dass die Netzwerke der jungen Hirnrinde unstrukturierten Input in hochorganisierte Aktivitätsmuster umwandeln. Die Organisation dieser Muster ist demnach nicht von außen (etwa durch Sinneseindrücke) bestimmt, sondern entsteht durch Interaktion zwischen den Nervenzellen und folgt dynamischen Gesetzen. In der Hirnentwicklung bilden sich regelmäßige Muster, wie man sie von Sand oder Fischen kennt.

Das internationale Forscherteam bestätigt mit seinen Erkenntnissen eine jahrzehntealte theoretische Hypothese der Gehirnentwicklung. „Unsere Ergebnisse legen nahe, dass sich Hirnaktivität in der frühen Hirnrinde selbst organisiert“, erklärt FIAS-Senior-Fellow Matthias Kaschube. Benachbarte Nervenzellen aktivieren sich gegenseitig, während weiter entfernte Gruppen von ihnen unterdrückt werden. Dies führt spontan zur Bildung regelmäßiger Muster der Hirnaktivität, und solche Muster verwendet das Gehirn später in der Entwicklung, um Sinneseindrücke zu verarbeiten.

„Diese Umwandlung von unstrukturiertem Input in hochorganisierte Aktivitätsmuster findet anscheinend vollständig im Kortex selbst statt“, ergänzt Gordon Smith (UoM Medical School). Die Hirnrinde kann offensichtlich ihre eigene Funktion während der Entwicklung organisieren.

In einem selbstorganisierenden System erzeugen bereits einfache Wechselwirkungen eine komplexe Organisation. Beispiele sind Muster wie Wellen auf Sanddünen, Punkte auf manchen Fischen, Spiralnebel der Milchstraße oder Vogel-Schwärme.

Durch die enge Verknüpfung von Theorie und Experiment konnte das Forscherteam zeigen, dass ähnliche mathematische Regeln, wie sie für die Muster in einer Vielzahl von lebenden und nicht lebenden Systemen gelten, auch die Entwicklung des Gehirns steuern.

Das Forschungsteam nutzte an der UoM entwickelte optische Instrumente, die direkt sichtbar machen, wie die groß angelegte Struktur der sich entwickelnden Hirnaktivität aus den Netzwerken selbst entsteht. Kaschube analysierte diese Daten am FIAS und verglich sie mit den Vorhersagen mathematischer Modelle der Selbstorganisation von Hirnaktivität.

Derzeit untersuchen die Forschenden, wie sich Veränderungen in diesen selbstorganisierten neuronalen Aktivitätsmustern zu Beginn der Entwicklung auf die spätere Sinneswahrnehmung auswirken.


Publikation: Haleigh N. Mulholland, Matthias Kaschube* und Gordon B. Smith* (*zu gleichen Teilen), Self-organization of modular activity in immature cortical networks. Nat Commun 15, 4145 (2024). https://doi.org/10.1038/s41467-024- 48341-x

Das FIAS (Frankfurt Institute for Advanced Studies) ist eine interdisziplinäre Forschungseinrichtung in Frankfurt am Main. Hier entwickeln international ausgewiesene Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Theorien zu komplexen naturwissenschaftlichen Zukunftsthemen in den Bereichen theoretische Naturwissenschaften, Computerwissenschaften und KI-Systeme sowie Lebens- und Neurowissenschaften. Über die Grenzen der Disziplinen hinweg erforschen sie mit Hilfe mathematischer Algorithmen und Simulationen die komplexen selbstorganisierenden Systeme der Natur. Das FIAS ist eine gemeinnützige Stiftung zwischen der Goethe-Universität und privaten Stiftern und Sponsoren. https://fias.institute/

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Was darf Künstliche Intelligenz? – Ethische Fragen im FIAS Forum

FIAS Forum Ankündigung

Über die Vereinbarkeit von Informationstechnologie und unseren moralischen Werten spricht die erste deutsche Professorin für Ethik der Informationstechnologie Judith Simon, im Rahmen der öffentlichen Vortragsreihe des Frankfurt Institute for Advanced Studies (FIAS).

Am 23. Mai um 18:00 Uhr ist die Öffentlichkeit herzlich eingeladen zu einem Vortrag in der Reihe FIAS Forum. Im Anschluss können die Zuhörer mit Prof. Judith Simon bei Brezeln und Wein über Fragen zu Ethik und Künstlicher Intelligenz (KI) diskutieren.

Welche Verantwortung tragen wir bei der Nutzung moderner Informationstechnologie? Diese Frage zur zunehmenden Digitalisierung und Nutzung von KI beschäftigt die Ethikprofessorin der Universität Hamburg.

„Wann immer wir Entscheidungen oder Tätigkeiten an Maschinen delegieren, muss das auf eine Art und Weise geschehen, die die Handlungsfähigkeit von Menschen erweitert und nicht vermindert,“ sagte Frau Simon kürzlich in einem Interview des NDR. Dabei betont sie, dass KI eigentlich konservativ sei: Sie lerne aus alten Daten und schreibe diese Muster in den generierten Prognosen fort. „Entscheidungen für die Zukunft basieren dann auf diesen alten Daten“, gibt sie zu bedenken.

Frau Simon beschäftigt sich mit der Verschränkung ethischer, erkenntnistheoretischer und politischer Fragen im Kontext von Big Data, Künstlicher Intelligenz und Digitalisierung. Als Mitglied des Deutschen Ethikrates sowie weiterer Gremien für wissenschaftliche Politikberatung prägt sie die Debatte über moralische und ethische Fragen mit, die den Umgang und die Steuerung moderner Informationstechnologie betreffen.

Benötigen wir also eine neue Ethik? Frau Simon betont, dass das Digitale bestimmte Fragen – nach Gleichheit, Freiheit, Gerechtigkeit – nur verstärkt, allerdings unter veränderten Vorzeichen. KI sei nur bedingt handlungsfähig oder intelligent. Aber neue Akteure verlangten eine Ethik, die auch Handeln jenseits von Individuen in den Blick nimmt. Es gelte immer: „Wo endet die Freiheit des einen, wann verletzt sie andere? Wer bestimmt, wie Dinge funktionieren? Wer ist Leidtragender?“

Im Rahmen des FIAS Forum am 23. Mai stellt Frau Simon ihre Sicht auf die ethischen Chancen und Risiken des maschinellen Lernens dar und diskutiert mit Laien und Wissenschaftlern, wo und wie Steuerung und Eingriffe nötig und möglich sind. Die Expertin beleuchtet ethische, erkenntnistheoretische und politische Fragen im Kontext von Big Data, KI und Digitalisierung. Interessierte sind herzlich willkommen!

Anmeldung: Die Teilnahme an der Veranstaltung ist kostenfrei. Aufgrund begrenzter Kapazitäten für den anschließenden Empfang bitten wir um vorherige Anmeldung an forum@fias.uni-frankfurt.de.


Das FIAS Forum stellt viermal im Jahr aktuelle Themen aus den Naturwissenschaften und gesellschaftlichen Debatten wissenschaftlich und verständlich dar. Dies ermöglicht spannende Diskussionen über die akuten Herausforderungen in der naturwissenschaftlichen Forschung und deren Einfluss auf unsere Gesellschaft. Nach dem Vortrag besteht jeweils die Möglichkeit, sich bei einem kleinen Empfang mit der Sprecherin und weiteren Wissenschaftlern des FIAS auszutauschen.

Das FIAS (Frankfurt Institute for Advanced Studies) ist eine interdisziplinäre Forschungseinrichtung in Frankfurt am Main. Hier entwickeln international ausgewiesene Wissenschaftler Theorien zu komplexen naturwissenschaftlichen Zukunftsthemen in den Bereichen theoretische Naturwissenschaften, Computerwissenschaften und KI-Systeme sowie Lebens- und Neurowissenschaften. Über die Grenzen der Disziplinen hinweg erforschen sie mit Hilfe mathematischer Algorithmen und Simulationen die komplexen selbstorganisierenden Systeme der Natur. Das FIAS ist eine gemeinnützige Stiftung zwischen der Goethe-Universität und privaten Stiftern und Sponsoren. https://fias.institute/

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Inselvulkane und ihre Gefahren besser verstehen

Insel-Vulkane

Studie am FIAS hilft Vulkanausbrüche einzuschätzen

Eine detaillierte Analyse des Ausbruchsverhaltens der Inselvulkane Stromboli, Ätna (Italien), Yasur (Vanuatu) und Whakaari (Neuseeland) veröffentlichte Darius Fenner aus Nishtha Srivastavas Team zusammen mit Patrick Laumann und Georg Rümpker am Frankfurt Institute of Advanced Studies (FIAS). Solche Analysen vergangener größerer und kleinerer Ereignisse können helfen, die Ausbrüche von Vulkanen einschließlich der zugrunde liegenden physikalischen und chemischen Prozesse zu verstehen.

Verschiedene Arten vulkanischer Ereignisse erfasst eine Forschungsgruppe des FIAS mit einem kürzlich von ihr entwickelten Ansatz. Sie katalogisiert alle kleinen und großen seismisch-vulkanischen Ereignisse einschließlich großer Eruptionen kontinuierlich an Stationen in der Nähe von Vulkanen. Um die Bedeutung solcher Ereignisse schneller einordnen und erkennen zu können, hilft das automatisierte und äußerst leistungsfähige Verfahren „Adaptive-Window Volcanic Event Selection Analysis Module“ (AWESAM), das die FIAS-Arbeitsgruppe Seismology & Artificial Intelligence (SAI) vergangenes Jahr vorgestellt hatte. (https://fias.news/aktuelles/vulkanische-aktivitaet-messen/)

In ihrer aktuellen Forschungsarbeit analysierte die Gruppe die vorliegenden Daten aus bis zu 15 Jahren im Detail, beispielsweise die Zeitabstände zwischen den Ereignissen, die Amplituden und das Verhältnis von Amplitude und Häufigkeit. So konnten sie Unterschiede und gemeinsame Muster bei den vulkanischen Ereignissen feststellen.

Sie beobachteten beispielsweise, dass es auf Stromboli häufiger große Ausbrüche gibt als man auf Grundlage bekannter Zusammenhänge erwarten würde. Aufbauend auf ihren früheren Ergebnissen bewertet und erweitert die Studie das Verständnis dieses Phänomens auf der Grundlage von Daten aus einem Jahrzehnt. So fand sich ein bestimmtes Muster vor und nach den beiden heftigen Stromboli-Ausbrüchen 2019. Der erweiterte Datensatz bestätigt die statistische Signifikanz der Ergebnisse. Bisher wurde dieses Muster aber nur für Stromboli beobachtet, was Fragen über die Einzigartigkeit dieses Musters aufwirft.

Darüber hinaus klassifiziert die Studie die Ereignisarten für Stromboli mithilfe eines selbständigen maschinellen Lernansatzes. Sie zeigt bestimmte Muster vor und nach Ausbrüchen, die die Gruppe erstmals detaillierter unterteilen konnte. Basierend auf einem Clusteralgorithmus ordnete sie beispielsweise die Frequenzen der Ereignisse genauer ein. Diese Muster können für die Vorhersage großer Eruptionen von Bedeutung sein.

Mit einem identischen Ansatz für alle 4 Vulkane fand die Gruppe ein ähnliches Verhalten trotz unterschiedlicher Typen und Aktivitäten. Whakaari zeigt ebenfalls ein typisches Muster in der Wiederholung großer Ereignisse. Da diese Beobachtung auf Daten einer einzelnen Station beruht, sind weitere eingehende Untersuchungen erforderlich, sobald mehr Daten zur Verfügung stehen. „In einem nächsten Schritt wollen wir untersuchen, ob es frühzeitige Anzeichen für größere Eruptionen gibt“, so Erstautor Darius Fenner. „Unsere Methode bietet eine vielversprechende Grundlage zur genaueren Vulkanüberwachung und für ein besseres Verständnis der zugrunde liegenden Prozesse“.


Weitere Informationen

Publikation: Darius Fenner, Georg Rümpker, Patrick Laumann und Nishtha Srivastava, Amplitude and inter-event time statistics for the island volcanoes Stromboli, Mount Etna, Yasur, and Whakaari. Front. Earth Sci. 11:1228103.
doi: 10.3389/feart.2023.1228103, https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/feart.2023.1228103/full

 

Kontakt
Dr. Nishtha Srivastava
Theoretische Naturwissenschaften
Frankfurt Institute for Advanced Studies (FIAS)
Tel.: +49 69 798 47618
eMail: srivastava@fias.uni-frankfurt.de
Web: https://www.fias.science/de/theoretische-naturwissenschaften/gruppen/nishtha-srivastava

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Gehen oder Bleiben? Die Forschung zählt!

Wissenschaftler aus der Ukraine am FIAS

Das FIAS als vorübergehende Heimat für ukrainische Forschende

Sieben ukrainische Wissenschaftler hatte das »Frankfurt Institute for Advanced Studies« (FIAS) nach dem Angriff auf ihr Land vergangenes Jahr aufgenommen. Wie geht es ihnen heute?

Dr. Roman Poberezhnyuk

lobt „die großartige Arbeitsumgebung“ am FIAS. Er hatte schon vor dem Krieg mehrere Monate als Gastwissenschaftler am FIAS verbracht. So konnte er seine wissenschaftlichen Kontakte nutzen und hier umgehend Unterstützung und Unterkunft finden. Herr Poberezhnyuk arbeitet schon seit Jahren mit Forschenden der Gruppe von Prof. Horst Stöcker am FIAS zusammen, um die thermodynamischen Eigenschaften dichter elementarer Materie zu verstehen.

Die Wohnungssuche sei nicht einfach gewesen, und auch die Aufenthaltsgenehmigung verzögerte sich. Aber davon abgesehen sind Herr Poberezhnyuk und seine ebenfalls hier lebende Freundin rundum zufrieden. Er verfasste während seines Aufenthalts 4 Veröffentlichungen, 2 weitere sind in Arbeit. Seine Karriere will der Physiker ab nächstem Jahr in den USA fortsetzen, wo er im Institut eines Kollegen eine Stelle als Postdoktorand angeboten bekam.

Eine Rückkehr in die Ukraine hänge von den Forschungsmöglichkeiten nach dem Krieg ab. Vor dem russischen Angriff habe es eine positive Entwicklung bei den Fördergeldern gegeben, die ermöglichten, von der Forschung zu leben. Wie sich das künftig entwickeln wird, ist völlig offen.

Oleksandr Stashko & Oleh Savchuk

Dr. Poberezhnyuk Kollegen sind bereits als Doktoranden in die USA weitergezogen. Sie hatten beide zeitweise Aufnahme am FIAS gefunden und waren „sehr dankbar für die prompte Rundum-Unterstützung des Forschungsaufenthalts“ in Frankfurt.

Prof. Mark Gorenstein

hingegen ist im April nach Kyjiw zurückgekehrt. Der Forschungsleiter am dortigen Bogolyubov-Institut für Theoretische Physik an der Nationalen Akademie für Wissenschaften der Ukraine war ein Jahr zuvor angesichts der Bombardements in Kyjiw samt Familie nach Deutschland geflohen.

„Auch heute schlafen wir schlecht, jede Nacht gibt es Bombenangriffe“, beschreibt Prof. Gorenstein die bedrückende Atmosphäre in Kyjiw. Glücklicherweise werde wenig zerstört – dank der Flugabwehr. Warum er dennoch zurückgekehrt ist? „Die Unterstützung, für die ich dem FIAS und der Alexander von Humboldt-Stiftung sehr dankbar bin, endete. Ich hätte als Flüchtling in Deutschland bleiben können, wollte aber meine Arbeit in Kyjiw fortsetzen“.

Diesen Schritt habe er nicht bereut. Das Institut in Kyjiw und die Wissenschaftler vor Ort arbeiteten, auch wenn die meisten Seminar online stattfänden. 2001 erhielt Prof. Gorenstein den Alexander von Humboldt-Preis für seine Forschung zu Phasenübergängen und deren Signaturen in Kooperation mit dem FIAS und der GSI in Darmstadt.

Er hatte 2022 ein Stipendium der Alexander von Humboldt-Stiftung erhalten und lebte mit Frau, Tochter und Enkeltochter in Frankfurt. Prof. Gorenstein lobt die fruchtbare Zusammenarbeit mit den FIAS-Kollegen, die Unterstützung und die Hilfsbereitschaft aller Mitarbeitenden. „Während meines Aufenthalts in Frankfurt entstanden 7 Veröffentlichungen“.

Prof. Dmytro Anchyshkin

Prof. Gorensteins Kollege, selbst Professor vom Bogolyubov-Institut, hat sich hingegen entschieden, erstmal als Flüchtling in Deutschland zu bleiben. Er hatte 4 Monate lang als Gastprofessor am FIAS gearbeitet. Jetzt nehmen er und seine Frau die staatliche Unterstützung, um weiter am FIAS zu arbeiten. Hier wird ihm ein Arbeitsplatz zu Verfügung gestellt.

Er überlegt, nach Kyjiw zurückzukehren, um mit jungen Wissenschaftlern zu arbeiten. Doch ein Besuch des Ehepaars in der Ukraine um Weihnachten herum war erschreckend: „Wegen der Bombardierung gab es stundenlang weder Strom, noch Internet, Heizung oder Wasser“. Prof. Anchyshkin ist sehr dankbar für die herzliche Gastfreundschaft und Unterstützung durch die FIAS-Verwaltung und die FIAS-Forschenden, allen voran Herrn Prof. Stöcker.

Zhanna Khuranova

hatte 2020 ihren Master in Physik abgeschlossen. Sie wollte sich ohnehin für eine Doktorandenstelle in Deutschland bewerben – der Krieg konkretisierte diesen Wunsch. Oleh Savchuk vermittelte ihr Kontakte am FIAS. Vergangenen August lernte sie so PD Dr. Benjamin Dönigus kennen. Bei ihm promoviert sie nun seit Anfang des Jahres am Fachbereich Physik der Goethe-Universität zur Vorhersage und Messung von Hadronen, subatomaren Teilchen, die von einer starken Wechselwirkung zusammengehalten werden.

„Ich bin froh, dass sich Prof. Stöcker vom FIAS für mich eingesetzt hat und bin sehr glücklich mit meinem aktuellen Forschungsthema, meinem Betreuer und der Unterstützung durch den Bund“, so Khuranova. Dass sie jemals in die Ukraine zurückkehren wird, bezweifelt sie: „Meine Familie lebt in den USA“. Und ein Aufenthalt am CERN in Genf lockt sie als wissenschaftliche Herausforderung.

Maria Khelashvili

hatte am Bogolyubov-Institut ihre Promotion über ultraleichte dunkle Materie begonnen. Sie war sehr froh, am FIAS ihre Forschung vorläufig fortsetzen zu können, dank eines Stipendiums der Stiftung Polytechnische Gesellschaft.

Ihre Arbeit über ultraleichte und axionartige Kandidaten für dunkle Materie verfolgt sie nun als Gastdoktorandin an der Princeton University (USA). „All das wäre ohne die anfängliche und sehr prompte Unterstützung durch das FIAS nicht möglich“, betont sie voller Dankbarkeit.

Danylo Batulin

hat vor wenigen Wochen am FIAS promoviert. Er kam bereits 2016 aus der besetzten Region Luhansk nach Deutschland. Er erzählt, dass einige seiner Freunde und Familienmitglieder seit dem Einmarsch verwundet oder getötet wurden. Die Immobilien seiner Familie sind zerstört.

Anfangs sei ihm die Normalität des Lebens hier schwergefallen – angesichts von Festivals, Musik und Feiern. „Mir hat es geholfen damit umzugehen, indem ich Freiwilligenprojekten der Ukraine von hier aus unterstützt habe“.

Er lobt: „Großartig, wie schnell und effektiv die FIAS-Verwaltung auf die Invasion reagierte. Die symbolische große ukrainische Flagge über dem FIAS hat mich sehr bewegt“. Begeistert ist er von seinem Doktorvater Jochen Triesch, in dessen Arbeitsgruppe er 2 Veröffentlichungen verfasste.

Hilfe durch das FIAS

„Das FIAS unterstützt weiterhin wo immer möglich Wissenschaftler, die in der Heimat bedroht sind und ihre Forschung nicht fortsetzen können“, betont FIAS-Direktor Eckhard Elsen. Die Zusammenarbeit mit Geldgebern wie der Alexander von Humboldt-Stiftung, der Stiftung Polytechnischer Gesellschaft und der Deutschen Forschungsgemeinschaft erlaube es dann, Forschenden aus aller Welt – zumindest zeitweise – eine Heimat zu geben.

Vorrangiges Ziel bleibe aber, ihnen zuhause langfristig ein erstrebenswertes Arbeitsumfeld zu ermöglichen und das durch Zusammenarbeit zu stärken. So erwägt das FIAS beispielsweise landes- und fachübergreifende Konferenzen.

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FIAS: Einblicke in das Recycling unserer Zellen

Computersimulation des Proteinkomplexes ATG3

Forschenden am Frankfurt Institute for Advanced Studies (FIAS) ist ein bedeutender Durchbruch im Verständnis der Autophagie gelungen, einem lebenswichtigen zellulären Mechanismus für Abbau und Recycling beschädigter Zellbestandteile.

Zellen besitzen eine ausgeklügelte „Recyclingsystem“, die Autophagie. Dieser griechische Begriff bedeutet „Selbstverzehr“ und ist ein komplexer Prozess. Alle Zellkomponenten – wie kleine Moleküle, Zucker, einzelne Proteine, Lipide – sind in einer enorm komplexen Choreografie organisiert, die für das korrekte Funktionieren der Zelle und letztlich für die Gesundheit und das Überleben des gesamten Organismus notwendig ist.

Manchmal werden Teile dieser Choreographie beschädigt – etwa ein Proteinkomplex oder eine Membran – und die Zelle muss sie beseitigen, bevor sie ihre normale Funktion beeinträchtigen. Oder eine Zelle leidet unter Nährstoffmangel, sodass sie vorhandene Moleküle nutzen und recyclen muss, um sich auf wesentliche Aktivitäten zu konzentrieren. In diesen Situationen wird die Autophagie aktiviert.

Autophagie beruht auf dem Zusammenwirken zahlreicher regulatorischer Proteine, die die Bildung dieser zellulären „Müllabfuhr“ steuern. Sie sammeln den zum Recycling bestimmten Zellinhalt – beispielsweise defekte Proteine – in Bläschen, den Autophagosomen. Eine entscheidende Rolle bei der Bildung dieser Autophagosomen, den Strukturen, die das abzubauende Material einkapseln, spielt das Protein ATG3.

Das Forscherteam um FIAS-Fellow Roberto Covino fand heraus, dass eine bestimmte Seitenkette des ATG3-Protein über einzigartige biophysikalische Eigenschaften verfügt: Diese Eigenschaften ermöglichen es ihr, streng kontrolliert mit Membranen zu interagieren. Und sie sind für die Funktion des Proteins bei der Autophagie wesentlich.

Dieses tiefere Verständnis der molekularen Mechanismen, die der Autophagie zugrunde liegen, könnte erhebliche Auswirkungen auf die Entwicklung von Behandlungen für Krankheiten haben, die mit einer gestörten Autophagie einhergehen, wie etwa neurodegenerative Erkrankungen und Krebs.

 

Abbildung: Computersimulation des Proteinkomplexes ATG3 (orange) auf einer Lipidmembran (grau/transparent). Die Forschenden identifizierten den auf der Membran liegenden Teil (eine amphipathische Helix) als entscheidend für den Prozess der Autophagie. Dieser grundlegende Recycling-Prozess in unseren Zellen ist bei bestimmten Krankheiten gestört.


Das FIAS (Frankfurt Institute for Advanced Studies) ist eine interdisziplinäre Forschungseinrichtung in Frankfurt am Main. Hier entwickeln international ausgewiesene Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Theorien zu komplexen naturwissenschaftlichen Zukunftsthemen in den Bereichen theoretische Naturwissenschaften, Computerwissenschaften und KI-Systeme sowie Lebens- und Neurowissenschaften. Über die Grenzen der Disziplinen hinweg erforschen sie mit Hilfe mathematischer Algorithmen und Simulationen die komplexen selbstorganisierenden Systeme der Natur. Das FIAS ist eine gemeinnützige Stiftung zwischen der Goethe-Universität und privaten Stiftern und Sponsoren. https://fias.institute/

 

Publikation:
Taki Nishimura, Gianmarco Lazzeri, Noburu Mizushima, Roberto Covino, Sharon A. Tooze, Unique amphipathic α helix drives membrane insertion and enzymatic activity of ATG3, Science Advances 9:25, 2023, DOI: 10.1126/sciadv.adh1281

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FIAS: Algorithmen erhellen Blitzstrukturen

Blitze: Bild generiert durch AI

Blitze sind ein Naturphänomen, das Menschen seit Jahrhunderten fasziniert. Das wissenschaftliche Verständnis der komplexen Strukturen von Blitzen ist jedoch aufgrund der riesigen Datenmengen eine Herausforderung. Forscher des Frankfurt Institute for Advanced Studies (FIAS) und der Universität Groningen haben nun eine neuartige Methode entwickelt, um die Strukturen von Blitzen mit Hilfe von maschinellem Lernen zu verstehen. Mit diesem Wissen ließen sich eines Tages die von Gewittern ausgehen­den Gefahren verringern.

Die Analyse von Blitzdaten kann sehr zeitaufwändig sein und beruht bisher auf Fotos, anhand derer Forschende die Struktur von Blitzen untersuchen. Ein einziger Blitz besteht aus Hunderten feiner und komplexer Strukturen und unzähligen unterschiedlichen Phänomenen.

Um dieser Herausforderung zu begegnen, entwickelten Lingxiao Wang und seine Kollegen Brian Hare, Horst Stöcker und Kai Zhou eine neuartige Methode, um mit Hilfe von Algorithmen des maschinellen Lernens und Korrelationsanalysen Strukturen in Blitzdaten zu erkennen.

Sie nutzten dafür Daten aus dem niederländisch-deutschen Radioteleskop LOFAR (Low Frequency Array), einem Netzwerk aus etlichen Einzel-Antennen. „Die Erforschung der Blitzstruktur ist der erste Schritt zum Verständnis des Auftretens und der Entwicklung von Blitzen“, erklärt Wang. „Wenn wir künftig diese extremen Phänomene besser verstehen, können wir Gefahren durch Blitzschläge besser einschätzen und vermeiden“.

Die Studie, veröffentlicht in der Fachzeitschrift Chaos, Solitons and Fractals, erhellt das Verständnis von Blitzstrukturen und gibt Einblicke in die komplizierten Korrelationsfunktionen für verschiedene Blitzphänomene. Der Einsatz von Algorithmen des maschinellen Lernens kann dazu beitragen, Strukturen anhand zahlreicher räumlich-zeitlicher Punkte in einem hochdimensionalen Raum zu identifizieren, was mit bloßem Auge sehr zeitaufwändig wäre. Diese neuartige Methode ist ein leistungsfähiges Werkzeug, um riesige multidimensionale Datensätze nach einzigartigen Strukturen zu durchsuchen.

Die Ergebnisse dieser Studie haben potenzielle Anwendungen über den Bereich der Physik hinaus. Die Kombination aus den in dieser Studie verwendeten Algorithmen kann zur Suche nach einzigartigen Strukturen in großen multidimensionalen Datensätzen in Bereichen auch außerhalb der Physik eingesetzt werden – „beispielsweise für Daten aus Biologie und Medizin, von Erdbeben oder zur menschlichen Mobilität“, so Wang.

Diese Forschung unterstreicht das Engagement des FIAS, wissenschaftliche Erkenntnisse durch innovative Forschungsmethoden voranzutreiben. Durch die Entwicklung neuer Werkzeuge und Techniken zur Analyse komplexer Datensätze leisten unsere Forscher einen wichtigen Beitrag zum Verständnis von Naturphänomenen.


Abbildung: Elektrische Ladung in der Atmosphäre erzeugt eine Spur geladener Luft von der Gewitterwolke zum Boden, den „Leiter“ (leader). Ein neu entdecktes Phänomen sind kleine Bahnen aus geladener Luft, die „Nadeln“ (needles). Aus Blitzdaten von Radioteleskopen kann mit Hilfe Künstlicher Intelligenz deren Feinstruktur berechnet werden.


Kontakt:

Dr. Lingxiao Wang
Frankfurt Institute for Advanced Studies (FIAS)
Tel.:+49 69 798 47619
eMail: lwang@fias.uni-frankfurt.de

Dr. Anja Störiko
FIAS-Pressestelle
Tel.: +49 (0)69 798 47507
eMail: stoeriko@fias.uni-frankfurt.de

 

Das FIAS (Frankfurt Institute for Advanced Studies)
ist eine interdisziplinäre Forschungseinrichtung in Frankfurt am Main. Hier entwickeln international ausgewiesene Wissenschaftler Theorien zu komplexen naturwissenschaftlichen Zukunftsthemen in den Bereichen theoretische Naturwissenschaften, Computerwissenschaften und Kl-Systeme sowie Lebens- und Neurowissenschaften. Über die Grenzen der Disziplinen hinweg erforschen sie mit Hilfe mathematischer Algorithmen und Simulationen die komplexen selbstorganisierenden Systeme der Natur. Das FIAS ist eine gemeinnützige Stiftung zwischen der Goethe-Universität und privaten Stiftern und Sponsoren. https://fias.institute/

 


Publikationen:

  • Lingxiao Wang, Brian M. Hare, Kai Zhou, Horst Stöcker und Olav Scholten, Identifying Lightning Structures via Machine Learning, Chaos, Solitons & Fractals 170,113346 (2023).
  • Brian M Hare, Olaf Scholten, Joseph Dwyer et al. Needle-Iike structures discovered on positively charged lightning branches, Nature, 2019, 568(7752): 360-363.
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