Studierende der Goethe-Universität Frankfurt organisieren die Night of Science
„Nachts im Museum“ war gestern. In der Nacht vom 13. auf den 14. Juni öffnet die Goethe-Universität Frankfurt ihre Pforten für all jene, die sich zu später Stunde nicht von magischen Pharaonentafeln, sondern von wissenschaftlichen Erkenntnissen erwecken lassen wollen. Statt Slapstick Comedy gibt es im Dunkel des nächtlichen Campus‘ Vorträge zu naturwissenschaftlichen Themen mit hohem Bildungspotenzial. Bis in die frühen Morgenstunden finden im Otto-Stern-Zentrum, im Geozentrum und in den Gebäuden der Fachbereiche Biologie und Physik Veranstaltungen rund um die Wunder der Natur statt. Besucher können dem Campus Riedberg zwischen 17 Uhr abends und 5 Uhr morgens Leben einhauchen, wenn sie Vorlesungen über „Gravitationslinsen im Weltraum“ lauschen oder mit einem „Bembelbot“ Fußball spielen. Das Programm, das auch zahlreiche Führungen anbietet, steht bereits und ist unter https://nightofscience.de/ abrufbar.
Event steht auf eigenen Füßen
Organisiert wird die Night of Science von Studierenden der Goethe-Universität Frankfurt. Zahlreiche Ehrenamtliche packen jedes Jahr gemeinsam an, um das Event zu ermöglichen. Das im Zweiwochentakt zusammenkommende „Orga-Komitee“ setzt sich hauptsächlich aus Studierenden der naturwissenschaftlichen Fachrichtungen zusammen, aber auch Hörer anderer Fakultäten sowie Auszubildende und Promovierende sind laut Website herzlich eingeladen, an dem Projekt mitzuwirken.
Für die Nacht des 13. Juli werden auf dem Gelände noch zahlreiche andere Helfer erwartet, denen die Organisatoren ihren Dank aussprechen: das Deutsche Rote Kreuz, Stiftungen, Lieferanten und natürlich die Dozenten der Goethe-Universität, die die Vorträge verantworten. Damit „Das Leben in der Kaffeetasse“ nicht nur der kreative Name einer dieser Vorträge bleibt, können die nächtlichen Besucher auch Essen und Trinken an den Ständen kaufen, und dies zu günstigen Preisen. Weil der Eintritt zur Night of Science kostenlos ist, finanziert sich die Veranstaltung hauptsächlich durch Spenden von Lottogewinnern und all jenen, die „hassen, wie kurz ihr Testament ist“, wie die Organisatoren witzeln. Dass die Night of Science nicht durch die Universität finanziert wird, sondern auf eigenen Füßen seht, hat allerdings einen ernsten Hintergrund.
Aus „Protest gegen Studiengebühren“ wird »Nacht der Wissenschaft«
2006 legte die hessische Landesregierung einen Gesetzentwurf zur Einführung allgemeiner Studiengebühren vor, auf den Studierende unter dem Motto „Solidarität und freie Bildung“ mit umfassenden Protesten reagierten. Während die Proteste viel Zuspruch vonseiten universitärer Beschäftigter auf sich zogen, positionierte sich der Senat der Goethe-Universität als einziger landesweit nicht gegen die Wiedereinführung der Gebühren. Die damals von den Frankfurter Studierenden ins Leben gerufene Night of Science reihte sich in ein allgemeines Aufbegehren ein: Sie entsprach einer von unten organisierten Protestveranstaltung, die exemplarisch für die Idee einer anti-elitären Wissenschaft unter dem Leitgedanken der Chancengleichheit für alle stand.
Tatsächlich wurden die hessischen Studiengebühren im Jahr 2008 zurückgenommen und nicht wieder eingeführt. Weil sich soziale Ungleichheit im Bildungswesen aber nicht einfach verflüchtigt, existiert die Night of Science bis heute. Die Forderung, Wissenschaft möge „zugänglich sein – für alle Menschen unabhängig ihres sozioökonomischen Hintergrunds“ steht bis dato nicht umsonst ganz oben in der Selbstbeschreibung der Veranstalter. Wie zahlreiche Studien belegen, sind Menschen aus Familien mit geringem Einkommen an deutschen Universitäten unterproportional vertreten.
Leitfigur Rosalind Franklin
Ideelle Unterstützung für das integrative Projekt holen sich die Veranstalter der Night of Science dieses Jahr bei Rosalind Franklin (1920-1958). Die britische Biochemikerin, die anhand eines Röntgenbeugungsbilds die weltbekannte Doppelhelixstruktur des menschlichen Erbguts aufzeigte, hat einen bedeutenden Anteil an späteren Entdeckungen im Bereich der Genforschung und Molekularbiologie. Für die Forschung der beiden Wissenschaftler Francis Crick und James Watson legte sie mit dem ikonischen „Foto 51“ das Fundament.
Während Crick und Watson den Nobelpreis erhielten, verstarb Franklin bereits in jungen Jahren an einer Krebserkrankung, die wahrscheinlich durch die Röntgenstrahlen ausgelöst wurde, mit deren Hilfe sie das „wichtigste Foto aller Zeiten“ aufnahm. Heute tragen die Erkenntnisse über die Struktur der menschlichen DNA, für die Franklin den Weg bereitete, ihrerseits zum Kampf gegen Krebs bei. Von der Wissenschaft lange übersehen und vom Nobelpreis ausgespart, verhilft die Night of Science Franklin dieses Jahr im Kleinen zu der Anerkennung, die ihr zusteht. Auch rückwirkend sorgt die Night of Science so für mehr Gerechtigkeit im Forschungskosmos.
Gut zu wissen: Auch die U8 trägt ihren Teil zu einer rundum zugänglichen Wissenschaft bei. Sie folgt einem Sonderfahrplan, der Interessierten die gesamte Nacht über eine einfache Hin- und Rückfahrt (Haltestellte „Uni Campus Riedberg“) ermöglicht.