Die Schöpfungsmythen waren die erste Quelle, nach der Theologen das Alter der Erde bestimmten. Erst im 17. Jahrhundert begannen Naturforscher, auf und in der Erde nach Spuren ihres Alters zu suchen. In der aktuellen Ausgabe des Forschungsmagazins „Forschung Frankfurt“ lässt Geologe Sascha Staubach vom Campus Riedberg der Goethe-Universität die Geschichte von der Bestimmung des Erdalters Revue passieren.
Die Heiligen Bücher dienten im Barock als die erste Datenbasis zur Berechnung des Erdalters. So legten der Erzbischof von Armagh, James Ussher, und John Lightfoot die Alter der biblischen Patriarchen und die Regierungszeiten der Könige zugrunde, um die Erschaffung der Welt zeitlich zu bestimmen. Der 1650 erschienene Ussher-Lightfoot-Kalender legt den Beginn der Welt auf das Jahr 4004 v. Chr.
Den ersten naturwissenschaftlichen Versuch, das Alter der Erde zu bestimmen, unternahm im 17. Jahrhundert der britische Astronom und Geologe Edmond Halley. Er untersuchte den Salzgehalt der Flüsse und Weltmeere und kam zu dem Schluss, dass die Erde deutlich älter sein müsse, als von Ussher behauptet. Knapp 200 Jahre später, in den 1890er Jahren, berechnete der irische Geologe John Joly das Alter der Erde aufgrund von Halleys Überlegungen und kam auf 80 bis 90 Millionen Jahre.
Aus Gesteinen kann man lesen
Im 19. Jahrhundert führte Charles Lyell die Methode der Stratigraphie ein. Diese beruht auf der Erkenntnis, dass in einem Stapel von Gesteinsschichten das älteste Material zuunterst liegt und dass Fossilien aus derselben Schicht auch dasselbe Alter haben müssen. Hieraus entwickelte sich die Datierungsmethode mithilfe sogenannter Leitfossilien. Ein typisches Beispiel dafür sind Ammoniten. Sie kamen fast überall auf der Erde vor und veränderten ihr Äußeres im Laufe der Evolution relativ schnell, so dass sich in kurzer Zeit möglichst viele gut unterscheidbare Arten entwickelten. Findet man nun in unterschiedlichen Regionen der Welt Fossilien derselben Art, so sind die Schichten, aus denen sie stammen, vermutlich gleich alt. Auf diese Weise lässt sich allerdings nur das relative Alter der einzelnen Schichten zueinander bestimmen.
Einen großen Schritt in die Richtung absoluter Zeitangaben machten der Physiker Ernest Rutherford und der Chemiker Frederic Soddy. Sie erkannten als Erste, dass man die Zerfälle natürlich vorkommender radioaktiver Elemente zur Altersbestimmung nutzen kann. Einen großen Schritt zur Anwendung dieses Prinzips machten der englische Geologe Arthur Holmes und der amerikanische Physiker Alfred O.C. Nier, als sie im Mineral Zirkon einen Schlüssel zur absoluten Altersbestimmung von Gesteinen fanden.
Während ihres Wachstums lagert diese Verbindung aus Zirkonium, Silizium und Sauerstoff auch geringe Mengen an Uran ein. Dieses sitzt fest im Kristallgitter und zerfällt mit der ihm eigenen Halbwertszeit und über verschiedene Zwischenstufen zu Blei. Die moderne Massenspektrometrie erlaubt es, auch geringste Konzentrationen von Elementen zu messen, so dass man das exakte Verhältnis von Uran zu Blei ermitteln kann. Mithilfe der Halbwertszeit lässt sich der Zeitpunkt berechnen, zu dem das Uran in den Kristall eingebaut wurde.
Wie alt ist die Erde nun?
Das aktuell anerkannte Alter unseres Planeten beträgt 4,55 plus/minus 0,05 Milliarden Jahre. Dieses Alter wurde allerdings an Meteoriten gemessen. Deren Material bildete sich etwa zeitgleich mit der Erde aus der Staubscheibe des noch jungen Sonnensystems, kühlte jedoch schneller ab. Auf der deutlich größeren Erde dauerte es einige Zeit, bis sich auf der glutflüssigen Oberfläche erste Teile einer festen Gesteinskruste bildeten, deren Reste man heute in Form von Zirkonen finden kann. Sie sind die einzigen bis heute erhaltenen Relikte dieser ältesten Kruste. Man findet diese Zirkone, eingebettet in jüngeres Gestein, in den Jack Hills im Westen Australiens. Sie weisen ein Alter von 4,4 Milliarden Jahren auf. Das älteste komplett erhaltene Gestein, auf das man seinen Fuß setzen kann, ist der sogenannte Acasta Gneis im Norden Kanadas mit einem Alter von 4,03 Milliarden Jahren.
Information: Dipl. Geologe Sascha Staubach, Institut für Geowissenschaften, Campus Riedberg
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