Gründerin mit Herz – und 67 Jahren

Von Ann Wente-Jaeger

MAINRiedberg stellt immer wieder Start-ups und Pioniere aus dem Stadtteil vor – doch diese Frau ist besonders: Mit 67 Jahren gründete Hannelore Schüssler das Betreuungszentrum TrotzDem-Aktiv in Kalbach. Für ihr Engagement wurde sie unter anderem mit dem Bürgerpreis der Stadt Frankfurt ausgezeichnet.

„Hallo, ich bin auch noch da!“ Noch während des Gesprächs geht die Tür zu Hannelore Schüsslers Büro kurz auf. Eine ältere Dame schaut um die Ecke und winkt. Hannelore Schüssler lacht und meint: „Normalerweise ist meine Tür immer offen. Und wenn unsere Gäste kommen, geht ihr erster Blick hier ins Büro. Manchmal helfen sie mir auch ein bisschen bei der Büroarbeit. Wichtige Dinge erledige ich dann halt am Samstag, wenn es nicht anders geht.“

„Gäste“, nicht Patienten – dieser Begriff ist ihr wichtig, ebenso wie ein herzlicher, persönlicher Umgang mit den Senioren. Das Demenzzentrum TrotzDem-Aktiv in Kalbach bietet Beratung, Gruppen- und Einzelbetreuung für Menschen mit Demenz.

Bürgerpreis der Stadt Frankfurt

Für Hannelore Schüssler (72) war die Gründung des Betreuungszentrums 2015 eine Herzensangelegenheit, obwohl sie selbst schon im Rentenalter war. Bei ihrem früheren Arbeitgeber war sie für den Aufbau solcher Tagesbetreuungsgruppen zuständig, als diese aber nach und nach als unrentabel geschlossen werden sollten, nahm sie die Angelegenheit selbst in die Hand. „Ich habe auch privat Erfahrungen mit der Betreuung von Dementen und weiß, wie wichtig es für die Angehörigen ist, mal für ein paar Stunden pro Tag entlastet zu werden. Als die Anfrage von der evangelischen Miriamgemeinde in Kalbach kam, die Untermieter für das Gemeindezentrum suchten, habe ich die Initiative ergriffen.“ Kein selbstverständliches Engagement, das 2019 unter anderem mit dem Bürgerpreis der Stadt Frankfurt belohnt wurde. Im vergangenen Jahr kam dann noch eine ungewöhnliche Auszeichnung hinzu: Sie war Gewinnerin der Aktion „Mensch 60+“ des Magazins BRIGITTE WIR.

Warum diese Einrichtung so besonders ist

Das Besondere an der Einrichtung ist, dass die Senioren nicht nur vor Ort bleiben, sondern viel rausgegangen wird. Und Ausflüge gemacht werden – wenn die Corona-Situation dies wieder zulässt. „Unsere Gäste sind ja im dem Sinne nicht krank“, betont Hannelore Schüssler. Beim TSV Bonames geht es normalerweise zum Sport, es gibt auch Feste. Mit dem Riedberger Familienzentrum Billabong gibt es eine Kooperation und ein Malprojekt.

Der Tagesablauf bei TrotzDem-Aktiv wird ganz individuell gestaltet. Ab 9 Uhr kommen die Gäste an, ein eigener Fahrdienst holt sie nach Wunsch ab. In der Einrichtung sind ehrenamtliche und hauptamtliche Betreuer für sie da. Dann wird gespielt, gebastelt, sich unterhalten oder zusammen gekocht. Die Selbstständigkeit soll so lange wie möglich erhalten bleiben. Ob dann einer für das Schneiden einer Möhre 10 Minuten oder 2 Stunden braucht – das macht keinen Unterschied. Gekocht wird international, im Moment regelmäßig Gerichte aus den Herkunftsländern der Gäste, so Schüssler: „Wir haben alle Konfessionen, 18 Nationalitäten in der Einrichtung, das geht alles. So bunt wie Frankfurt, so bunt sind wir auch. Unsere Arbeit geht über die Gefühlsebene. Wenn man Mimik, Gestik, Körpersprache mit einbezieht, versteht man eigentlich jeden.“

Zum Jahresstart bekam die Einrichtung übrigens einen vierbeinigen Neuzugang: Ihr Name ist Lotte und sie wird das Team ab sofort tatkräftig als Therapiehund unterstützen…

Weitere Informationen unter www.trotzdem-aktiv.de

Text: Ann Wente-Jaeger

Foto: MAINRiedberg

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