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Der Bettinahof – Was ist aus ihm geworden?

Bettinahof - Eingang

Der Bettinahof, zentral gegenüber dem Riedbergzentrum gelegen, wurde 2013 errichtet und von der Firma CASA REHA betrieben. 2016 wurde die Casa Reha Gruppe mit 72 Einrichtungen von der französischen Korian-Gruppe übernommen. Zuletzt machte der Bettinahof zum Jahreswechsel 2020/2021 große Schlagzeilen, nachdem sich 53 Bewohner – fast die Hälfte der Belegschaft – an Covid-19 infiziert hatten.

Jetzt sind in der Frankfurter Neuen Presse und der Frankfurter Rundschau erneut Vorwürfe über Missstände bekannt geworden: „Die Hilferufe kommen per E-Mail von mehreren Angestellten des Seniorenpflegeheims Bettinahof am Riedberg. Die Zustände im Haus seien für sie nicht mehr schweigend hinzunehmen: Menschen, die den ganzen Tag in ihren Ausscheidungen lägen. Pflegematerial wie Windeln und Wäsche, das nicht zur Verfügung gestellt werde. Bewohner, die ohne Kleidung auf der Straße oder in der Einrichtung umherliefen, so die Vorwürfe. Dazu ein Arbeitsklima, welches von Erniedrigung, Einschüchterung und Geschrei geprägt sei.

Trotz regelmäßiger Kontrolle und beratender Unterstützung seitens der zuständigen Aufsicht in Frankfurt und durch den medizinischen Dienst der Krankenversicherung, hat der Betreiber Korian es anscheinend immer noch nicht geschafft, eine menschenwürdige Betreuung der Heimbewohner sicherzustellen.

Da helfen auch keine wohlklingenden Anpreisungen der Einrichtung auf ihrer Homepage (Modernes Haus der Betreuung und Pflege – ein Platz zum Wohlfühlen) oder ein Herausheben der angeblichen Korian-Werte (Vertrauen, Initiative, Verantwortung, Transparenz, Wohlwollen und Empathie) oder der Unternehmensphilosophie „Bestens umsorgt“.

Eingang Bettinahof

Eingang Bettinahof

Die Identität der ehemaligen CASA REHA verschwindet zusehends. Auf dem Firmenschild am Eingang ist sie nicht (mehr) zu sehen. Wer einen eMail an Mitarbeiter mit dem Mailserver „@casa-reha.de“ schickt, bekommt die automatische Rückmeldung: „Die E-Mail Adressen der Domäne casa-reha.de werden nicht mehr produktiv genutzt. Bitte wenden Sie sich an Ihren Kontakt.

Die Firmengeschichte der Korian-Gruppe begann 2003 in Frankreich mit dem Zusammenschluss von vier Unternehmen. Seitdem wurden zahlreiche weitere Unternehmen übernommen und „assimiliert“. 2018 wurde die Marke von 50.000 Mitarbeitern überschritten. Doch der Aufkauf von Konkurrenten hörte nicht auf. Die letzte Übernahme war der Kauf der Berkley Care Group in Großbritannien. Damit ist Korian nach Frankreich, Deutschland, Italien, Belgien, den Niederlanden und Spanien auch in Großbritannien vertreten.

Der Hauptsitz der Gesellschaft in Deutschland ist in München. Der Konzern betreibt rund 890 Einrichtungen, davon 408 in Frankreich, 252 in Deutschland, 123 in Belgien, 58 in Italien, 15 in Spanien und 12 in den Niederlanden und beschäftigt inzwischen 56.000 Mitarbeiter. Insgesamt werden fast eine halbe Million Bewohner und Patienten betreut. Etwa 60 % der Aktien befinden sich im Streubesitz.

Man erkennt hier den gesellschaftlichen Trend zur industriellen Verwaltung und Betreuung der älteren Generation. Kein Wunder, dass das Bestreben der Senioren auf einen möglichst langen Verbleib in den eigenen vier Wänden geht. Wenn jedoch medizinische Entwicklung und Alterungsprozesse die Selbstbetreuung oder die Betreuung durch Familienangehörige an ihre Grenzen führt, ist man auf professionelle Hilfe angewiesen. Umso wichtiger ist es, dass die jüngere Generation dafür sorgt, dass diese Hilfe auch wirklich professionell und vor allem menschenwürdig ist, bevor sie selbst in diese letzte Phase vor dem Tod eintritt.

Auch die Schutzbehauptung, man habe ja nicht gewusst, wie schlimm es um die Pflegesituation steht, gilt nicht mehr, seitdem Fachleute aus der Pflege regelmäßig über den Pflegenotstand und die Missstände in ihrer Branche berichten. Wer heute nicht handelt, wird vielleicht morgen schon selbst darunter leiden.


Weiterführende Links:

Artikel: „Die wollen immerzu weg“ Spiegel #17 vom 23.04.2022

Buch: Berthe Arlo: »Nachts wach«. Verlag mikrotext; 240 Seiten; 20 Euro.

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