Warum hat uns die Evolution mit Gefühlen ausgestattet?

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Für die Evolution ist alles vorteilhaft, was die Anzahl an Nachkommen erhöht. Emotionen sind abstrakte Kriterien, mit deren Hilfe selbst unterschiedliche Tätigkeiten vergleichend bewertet, und damit Ziele und Aufgaben effizient ausgewählt werden können.

Die Realität ist komplex und damit chaotisch. In einer Gemeinschaft muss das Individuum sich zusätzlich noch mit Anderen abstimmen. Daher musste sich das das menschliche Gehirn vor allem deshalb so rasch entwickeln, weil es vor der Aufgabe stand, die Komplexität des sozialen Miteinanders zu bewältigen.

Intelligenz erweitert die Zahl der Handlungsoptionen. Durch die Beschäftigung mit dem Thema „Maschinelles Lernen“ wissen wir, dass die rechnerischen Anforderungen mit der Komplexität der Problemstellung überaus schnell ansteigen.

Um gute Entscheidungen zu treffen, benötigen wir für die zahlreichen Handlungsoptionen daher einen Mechanismus, der die geistigen Anforderungen deutlich reduziert. Das ist es, was Emotionen ermöglichen.

Sehr unterschiedliche Tätigkeiten können identische Gefühle auslösen – zum Beispiel Langeweile, Aufregung oder Befriedigung. So kann es genauso befriedigend sein, mit Freunden zu Essen, wie Geige zu spielen oder verrückte Sachen anzustellen. Nach materiellen Kriterien ließen sich diese Tätigkeiten kaum auf einen Nenner bringen.

Individuen, die über emotionale Entscheidungsmechanismen verfügen, versuchen ihre Tätigkeiten so auszuwählen, dass diese im Mittel mit ihrem „Charakter“ im Einklang sind.

Uns ist in der Regel nicht bewusst, wie viele biochemische Prozesse beständig in unserem Gehirn ablaufen. Gefühle, die biologischen Grundlage von Emotionen können wir dagegen wahrnehmen. Diese Fähigkeit ist erst bei höheren Affen voll ausgebildet worden. Emotionen können wir mit unserem Verstand regulieren. Hätte uns die Evolution keine Gefühle mitgegeben, könnten wir unsere Emotionen, also die entsprechenden Gehirnprozesse, nicht regulieren.

Das würde der wissenschaftlichen Definition von „Zombies“ durch die beiden Neurowissenschaftler Christof Koch und Francis Crick entsprechen. Diese kann man als denkfähigen Wesen ansehen, die Triebe haben, diese aber nicht kontrollieren können, da sie sich ihrer nicht bewusst sind.

Ein emotionales Kontrollsystem ist nicht nur für Menschen und hochentwickelte nicht-menschliche Tiere von herausragender Bedeutung, sondern auch für potentielle künstliche Intelligenzen. Roboter-Emotionen werden sich nicht – wie in vielen Filmen dargestellt – sekundär entwickeln. Synthetische Emotionen sind vielmehr eine unabdingbare Voraussetzung für eigenständig agierende universelle Intelligenzen, sofern es diese jemals geben sollte.


Wissenschaftlicher Ansprechpartner

Prof. Dr. Claudius Gros, Goethe-Universität, Institut für Theoretische Physik, Campus Riedberg, eMail: gros07@itp.uni-frankfurt.de

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