Eigentümern mit Liegenschaften auf dem Riedberg haben zum Jahresanfang Post von der Hessischen Steuerverwaltung bekommen. Zusammen mit dem aktuellen Grundsteuerbescheid des Kassen- und Steueramtes der Stadt Frankfurt wurde eine Information zur anstehenden Neuregelung der Grundsteuer verschickt.
Die Grundsteuer ist in Deutschland eine Steuer auf das Eigentum, aber auch auf Erbbaurechte an Grundstücken und deren Bebauung, die der Eigentümer zu zahlen hat. Auf Mieter kann sie umgelegt werden. Die Grundsteuer ist eine wichtige Einnahmequelle der Gemeinden, mit einem bundesweiten Aufkommen von rund 14 Mrd. Euro im Jahr 2020.
2018 erklärte das Bundesverfassungsgericht die Verwendung der veralteten Einheitswerte für verfassungswidrig. Nachdem zwischen Bund und Ländern keine Einigung hinsichtlich der Neugestaltung erreicht werden konnte, wurde im Jahr 2019 eine Grundsteuer-Reform beschlossen, die ein Bundesmodell vorsieht sowie optional eine grundgesetzliche Öffnungsklausel für abweichende Ländermodelle.
Zum 01.01.2025 soll nun die neue Grundsteuer als unbürokratische, faire und verfassungsfeste Regelung in Kraft treten. Damit verliert der Einheitswert als Berechnungsgrundlage seine Gültigkeit. Das zugrunde liegende Gesetzespaket wurde 2019 verabschiedet und setzt die Anforderung des Bundesverfassungsgerichts um. Dadurch soll die Grundsteuer als bedeutende Einnahmequelle für die Gemeinden über das Jahr 2019 hinaus erhalten werden.
Das bisherige Verfahren zur Ermittlung der Grundsteuer bleibt erhalten
Die Berechnung funktioniert so:
Grundsteuerwert x Steuermesszahl x Hebesatz = Grundsteuer
- Den Grundsteuerwert ermittelt das Finanzamt anhand einer Feststellungserklärung
- Die Steuermesszahl wird gesetzlich festgelegt. Sie legt fest, welcher Teil des Einheitswertes steuerpflichtig ist.
- Den Hebesatz legt Stadt Frankfurt fest
Allerdings wird der Grundstückswert nun anders ermittelt. Neu ist, dass ihm künftig der Bodenrichtwert sowie eine statistisch ermittelte Nettokaltmiete zugrunde liegen. Um in Zukunft zu vermeiden, dass vergleichbare Grundstücke wieder unterschiedlich besteuert werden, wird die Bewertung in regelmäßigen Abständen aktualisiert. Nun geht es darum, die Grundstückswerte auf Basis des Stichtages 1. Januar 2022 zu ermitteln.
Im Bereich der sogenannten Grundsteuer B (Grundvermögen / Grundstücke) weicht Hessen so wie eine Reihe von anderen Bundesländern vom Bundesmodell ab. In einer Hauptfeststellung auf den 01.01.2022 sind neue Grundsteuerwerte festzustellen, die der Grundsteuer ab dem Kalenderjahr 2025 zugrunde gelegt werden.
Für Wohngrundstücke sind hierzu im Wesentlichen nur folgende Angaben erforderlich:
- Lage des Grundstücks
- Grundstücksfläche
- Wohnfläche
- Bodenrichtwert
- Gebäudeart
- Baujahr des Gebäudes
Diese Angaben übermittelt der Grundstückseigentümer in einer Feststellungserklärung seinem Finanzamt. Entscheidend für alle Angaben ist dabei der Stand zum Stichtag 01.01.2022.
Daher wurde das Schreiben auch jetzt versandt, obwohl die Erfassung über das ELSTER-Portal erst ab 01.07.2022 vorgesehen ist und bis zum 31.10.2022 läuft. (ELSTER= Elektronische Steuererklärung)
Anhand der Angaben in der Grundsteuererklärung berechnet das Finanzamt dann den Grundsteuerwert und stellt einen Grundsteuerwertbescheid aus. Außerdem berechnet das Finanzamt anhand einer gesetzlich festgeschriebenen Steuermesszahl den Grundsteuermessbetrag und stellt einen Grundsteuermessbescheid aus. Beide Bescheide sind keine Zahlungsaufforderungen. Sie sind die Grundlage für die Festsetzung der Grundsteuer durch die Stadt Frankfurt. Den Städten und Gemeinden stellt das Finanzamt elektronisch die Daten zur Verfügung, die für die Berechnung der Grundsteuer erforderlich sind.
Anhand der übermittelten Daten ermittelt dann abschließend die Stadt Frankfurt die zu zahlende Grundsteuer. Dazu multipliziert sie den Grundsteuermessbetrag mit dem festgelegten Hebesatz. Daraus ergibt sich die zu zahlende Grundsteuer, die als Grundsteuerbescheid in der Regel an den beziehungsweise die Eigentümer gesendet wird. Die neu berechnete Grundsteuer ist ab dem Jahr 2025 auf Grundlage des Grundsteuerbescheides zu zahlen, bis dahin gelten bestehende Regelungen fort.
Wird die Grundsteuer mit der Reform teurer?
Das hängt vom Einzelfall ab. Ziel der Reform jedenfalls ist nicht eine Erhöhung, sondern die Grundsteuer soll für die Gemeinden aufkommensneutral sein. Da der Grund für die Reform aber Ungleichbesteuerungen sind, kann sich die Höhe der fälligen Grundsteuerzahlung in Einzelfällen ab 2025 ändern. 2018 nahm Hessen 1.144 Mio. Euro mit der Grundsteuer B ein bei einem Durchschnittshebesatz von 473 %.
Für die Stadt Frankfurt ist die Grundsteuer nach der Gewerbesteuer die zweitwichtigste Steuer. Die Einkommenssteuer spült zwar mehr Geld in die Kassen, der Stadt fehlt aber der Hebel, um die Höhe der Steuer zu beeinflussen. Die Grundsteuer, für die 2018 Einnahmen von 213 Millionen Euro eingeplant sind, hat mit dem Hebesatz einen frei wählbaren Multiplikator.
Die Grundsteuer macht im Schnitt 0,5 % der monatlichen Ausgaben eines Privathaushaltes aus. Für die 68.000 betroffenen Grundstücke in Frankfurt muss letztlich der Einzelfall zeigen, ob die Grundsteuer höher oder niedriger ausfällt.
In attraktiven Wohnlagen ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass es teurer wird. Besonders dort, wo sich die Grundstückswerte überproportional gut entwickelt haben, besteht dieses Risiko.
Ein Blick in die Statistik zeigt: Im Nordend, im Westend oder Bockenheim sind nach Erhebungen des Stadtvermessungsamtes die Immobilienpreise im Vergleich zu Höchst oder Fechenheim in den vergangenen Jahren beinahe viermal so stark gestiegen.
Ein Nordend-Altbau aus den 1920er-Jahren könnte somit deutlich niedriger besteuert sein, als der Neubau direkt nebenan, weil das Finanzamt immer noch mit dem fast 100 Jahre alten Mietpreis von 1,60 DM pro Quadratmeter rechnet – während des Wirtschaftswunders ahnte niemand, wie beliebt Altbau als Wohnraum werden würde.
Obwohl am Riedberg erst mit der Jahrtausendwende die Bagger anrückten, beruht ein Einheitswert auf dem Maximalmietpreis von 1964: rund 5 Deutschen Mark (DM) pro Quadratmeter.
Was bedeutet das für Mieter?
Mieter müssen sich zunächst einmal um nichts kümmern. Denn für die Grundsteuer und die Abgabe der Daten sind die Eigentümer verantwortlich. Doch die Grundsteuer bezahlen viele Mieter im Rahmen ihrer Betriebskostenabrechnung.
Da die neue Grundsteuer erst ab 1.1.2025 erhoben wird, können die Neuberechnungen auch dann erst in der Nebenkostenabrechnung auftauchen.
Geschichtlicher Rückblick
Die Grundsteuer gehört zu den ältesten direkten Steuern und wurde ursprünglich als kirchlicher und grundherrlicher Grundzehnt und Grundzins (daher auch Straßennamen wie „Zum Margarethenzehnten“) eingetrieben.
Im 18. Jahrhundert begann die Erstellung der und die Verfeinerung der Bemessung nach Kulturart und Bodenqualität. Entsprechende Gesetze wurden 1861 in Preußen erlassen. Durch die Miquel’sche Steuerreform (Johannes Miquel, Oberbürgermeister von Frankfurt von 1880 bis 1890) erhielten die Gemeinden in Preußen ab 1893 die Einnahmen aus der Grundsteuer. Nach der Reichsfinanzreform 1920 waren alle Länder zur Ausschöpfung der Grundsteuer verpflichtet.
1936 wurden die unterschiedlichen Regeln reichsweit vereinheitlicht und die Einnahmen aus der Grundsteuer den Gemeinden überlassen. 1951 wurde in Deutschland das Grundsteuergesetz erlassen. Seit 1997 werden die Einheitswerte nur noch für Zwecke der Grundsteuer festgestellt, für die Erbschaft- und Schenkungsteuer gelten seither sogenannte Bedarfswerte.