Wissenschaftler des Uni Campus Riedberg haben ein neues Modell zur Funktionsweise unseres Gehirns vorgestellt. Denn: Unser Gehirn ist jederzeit aktiv, auch wenn wir uns ausruhen oder schlafen. Die Wissenschaft interessiert sich schon lange für diese ständige neuronale Aktivität des Gehirns, welche oft als eine Art “Hintergrundrauschen” beschrieben wird. Sie führt bei Messungen der Hirnaktivität dazu, dass die Antwort des Gehirns auf denselben sensorischen Reiz, etwa bei mehrmaligem Betrachten desselben Bildes, jedes Mal unterschiedlich aussieht. Aber ähnelt dieses Hintergrundrauschen lediglich dem Leerlauf des Motors eines Autos, das an der Ampel auf „Grün“ wartet und so schneller losfahren kann? Oder ist diese spontane Gehirnaktivität das eigentliche Herzstück unseres Denkens, quasi das Fundament, aus dem unsere höheren Hirnfunktionen erwachsen?
Um dieser Frage nachzugehen, haben Wissenschaftler des Frankfurt Institute for Advanced Studies (FIAS) und der Goethe-Universität in Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut für Hirnforschung und dem Ernst Strüngmann Institut ein neues Modell entwickelt. Die Frankfurter Wissenschaftler um Prof. Dr. Jochen Triesch und Christoph Hartmann mutmaßen, dass das Gehirn fast so zuverlässig wie ein Uhrwerk arbeitet. Damit stellen sie den gängigen Annahmen einen radikal verschiedenen Ansatz entgegen. Bisher wurde das „Hintergrundrauschen“ als ein rein zufälliges Verhalten des Gehirns erklärt.
Nach dem neuen Modell kommen die spontane Gehirnaktivität und die Unregelmäßigkeiten bei Messungen nur dadurch zustande, dass das Gehirn ständig sein inneres Bild der Welt verbessert und darauf basierend verschiedene Situationen durchspielt. Umgesetzt wird diese Vorstellung durch ein einfaches, festen Regeln folgendes Netzwerk. Dieses „Netzwerk“ in unserem Gehirn erstellt durch die Kombination verschiedener Lernmechanismen ein Modell seiner Umwelt und nutzt dieses, um ständig Vorhersagen über die Zukunft zu generieren. Bekannte Befunde über spontane Hirnaktivität können durch die neuen Erkenntnisse ganz anders als bisher erklärt werden. Dies könnte ein wichtiger Puzzlestein zur Entschlüsselung des neuronalen Kodes sein, also der Art und Weise wie das Gehirn Informationen repräsentiert und verarbeitet.
Das Frankfurt Institute for Advanced Studies (FIAS) ist eine überdisziplinäre Forschungsinstitution zur theoretischen Erforschung von komplexen Strukturen in der Natur, die von der Goethe-Universität Frankfurt gegründet wurde und von öffentlichen Geldgebern, Stiftungen und Privatpersonen finanziert wird. Im Mittelpunkt der Arbeiten stehen neben der Hirnforschung Grundlagenforschung in Biowissenschaften, Computerwissenschaften, Chemie und Physik.
(Quelle: Pressestelle der Goethe Universität/ Foto: psdesign)