Sie hat ihr Herzensprojekt zum Beruf gemacht: Marie-Odile Schwarzhoff (35) hat sich nach der Geburt ihrer Tochter zur Fachkraft für babygeleitete Beikost weitergebildet und ihr kleines Unternehmen „satt & glücklich“ am Riedberg gegründet. Sie erklärt, wie Babys mit Spaß mit dem Essen beginnen.
Warum ist das Thema Beikost so wichtig?
Marie-Odile Schwarzhoff: „In der Beikostzeit wird ein wichtiger Grundstein für die späteren Ernährungsgewohnheiten gelegt. Es ist der Übergang von der ausschließlichen Ernährung des Babys durch Mutter- oder Premilch zum Familientisch. Möglicherweise ist dies Thema bei der U4-Untersuchung beim Kinderarzt. Fast immer geht es aber darum, dass das Baby Brei bekommt und alternative Möglichkeiten sind meist gar nicht bekannt. Wenn es dann nicht wie gedacht klappt, weil das Baby zum Beispiel gar keinen Brei mag, kann das unheimlich viel Druck erzeugen und für eine negative Einstellung dem Essen gegenüber sorgen.“
Sie sind selbst Mutter. Wussten Sie von Anfang an, was das Beste für Ihr Baby ist?
Schwarzhoff: „Nein, das war bei uns ein Prozess. Die U4-Untersuchung war ein Wendepunkt. Die Kinderärztin sagte mir, dass es jetzt Zeit für den Brei wäre und gab mir eine Brotdose mit Löffel und Breirezepten mit. Damit war das Thema für sie beendet, für mich fing es aber erst an. Denn mein Bauchgefühl sagte mir, dass das falsch ist, und so stieß ich auf das Thema „Baby-led Weaning“, also eine vom Baby selbst gesteuerten Weg zur Beikost. Ein Buch darüber habe ich regelrecht verschlungen und wir waren uns sofort einig, dass wir unserer Tochter Fingerfood anbieten wollen, wenn sie soweit ist. Trotzdem ließen wir uns die Option offen, ihr Brei zu geben, wenn es nicht klappt.“
Wann ist der ideale Zeitpunkt, um damit zu starten?
Schwarzhoff: „Es gibt keinen festen Zeitpunkt, der für alle Babys gleich ist. Die Babys zeigen uns, wann sie so weit sind. Der beste Hinweis ist, wenn das Baby etwas vom Teller klaut und in seinen Mund steckt. Diese Möglichkeit bieten wir meist aber nicht an. Daher gibt es die drei sogenannten Beikostreifezeichen, an denen wir uns orientieren können: Vorhandene Rumpfspannung (nicht zu verwechseln mit selbständigem Hinsetzen), verschwundener Zungenstoßreflex und Auge-Hand-Mund-Koordination. Wenn alle drei erfüllt sind, das ist meist mit etwa sechs Monaten der Fall, kann man starten.“
Was essen Babys besonders gerne?
Schwarzhoff: „Auch das ist sehr individuell, wie bei uns Erwachsenen. Da Babys uns nachahmen wollen, möchten sie am liebsten von unserem Essen mitessen. Was ihnen dann am besten schmeckt, muss man herausfinden. Mit weichem oder weich gegartem Obst und Gemüse, Nudeln oder Brot mit einem Aufstrich wie beispielsweise Nussmus kann man bei den meisten Babys aber nichts falsch machen.“
Aber wie kann ich denn verhindern, dass mein Baby sich am Anfang verschluckt? Die Unsicherheit ist bei vielen Eltern doch sicher groß.
Schwarzhoff: „Das ist definitiv ein Thema, das vielen Eltern Angst macht. Um dem Verschlucken vorzubeugen, ist es wichtig, dass das Baby immer aufrecht sitzt, also nicht in einem Babyaufsatz. So kann es im Fall des Falles abhusten und sich nach vorne beugen, um auszuspucken. Außerdem sollten keine leicht verschluckbaren Lebensmittel angeboten werden, also keine harten, stückigen Speisen wie etwa rohe Äpfel, rohe Möhren oder Nüsse, oder prallelastische Lebensmittel, etwa ganze Trauben, kleine Tomaten oder Blaubeeren. Dann kommt es zum Glück selten vor, dass sich ein Baby ernsthaft verschluckt. Trotzdem ist es in allen Lebenslagen sinnvoll, wenn man weiß, wie man helfen kann. Ich kann daher sehr empfehlen, an einem Erste-Hilfe-Kurs für Babys und Kleinkinder teilzunehmen, die jetzt auch online angeboten werden.“
Gibt es den perfekten Weg zur Beikost?
Schwarzhoff: „Es gibt immer den Weg, der zu einem Baby und seiner Familie passt. Der kann ganz verschieden aussehen, wenn auch anderes als erwartet. Dabei ist es egal, ob am Ende Brei, Baby-led Weaning oder eine Mischform für unser Baby der richtige Weg ist. Wichtig ist in jedem Fall, dass wir auf die Signale unseres Babys wie Hunger oder Sättigung achten und dass Essen ohne Druck und Zwang abläuft. Damit sorgen wir dafür, dass unser Baby eine positive Einstellung zum Essen und seine angeborenen Fähigkeiten wie das Hunger-Satt-Gefühl behält. Dem Spaß am Essen-Lernen steht dann nichts mehr im Weg.“
Sie arbeiten normalerweise eng mit den Familien zusammen. Ist das derzeit überhaupt möglich?
Schwarzhoff: „Bisher bin ich zu Wohnzimmer-Workshops zu den Familien nach Hause und in verschiedenen Familienräume gefahren. Zurzeit finden alle Workshops und Beratungen online statt. Der Kontakt ist bei der Video-Konferenz trotzdem gut und die interaktiven Inhalte lassen sich auch überwiegend digital vermitteln. Es gibt sogar ein paar Vorteile, denn die Babys können in ihrer vertrauten Umgebung bleiben und oftmals kümmert sich der Partner um das Baby. Trotzdem freue ich mich schon sehr darauf, die Familien hoffentlich bald wieder vor Ort sehen zu können.“
Die nächsten Online-Workshop-Termine sind: Mittwoch, 10. Februar 2021, 13:00-15:30 Uhr, Donnerstag, 25. Februar 2021, 15:00-17:30 Uhr, Dienstag, 23. März 2021, 11:00-13:30 Uhr, Freitag, 23. April 2021, 10:00-12:30 Uhr (Je nach Lage finden dann auch die in den Familienräumen geplanten Workshops online statt.)
Weitere Informationen unter www.sattundgluecklich.info
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