Beim Abschied leise „Servus“ sagen

Innenraum der Dietrich-Bonhoeffer-Kirche

Innenraum der Dietrich-Bonhoeffer-Kirche

Mit einem Gottesdienst nimmt am Sonntag, den 24. September, um 11 Uhr die evangelische Nordwestgemeinde Abschied von der Dietrich-Bonhoeffer-Kirche in der Thomas-Mann-Straße 10. Die Dietrich-Bonhoeffer-Kirche und das ehemalige Pfarrhaus stehen zum Verkauf.

In Gebäuden versammeln sich historische Weltanschauungen, zeitgenössische Kunst und die zahllosen Erinnerungen von Menschen, die dort geheiratet haben, ihre Kinder taufen ließen, liebe Angehörige verabschiedet haben oder in Trauer und Leid göttlichen Trost und spirituelle Kraft gefunden haben.

Das Gebäude

Die Kirche entstand in den Jahren 1966 bis 1969 nach Plänen des Architekten Werner W. Neumann. Sie gehört zu einer neuen Generation von Kirchengebäuden, die bewusst andere Akzente setzten und sich vor allem durch viel Beton auszeichneten.

Der Baustil der damaligen Zeit (ab 1950) wurde Brutalismus genannt, abgeleitet von dem französischen Begriff béton brut (roher Beton, Sichtbeton), mit dem Le Corbusier seinen sichtbar belassenen Beton an der Unité d’Habitation in Marseille beschrieb. Heute wird der Begriff weniger eng definiert und steht für die dominierende Architektur zwischen etwa 1960 und dem Anfang der 1980er Jahre. In der Zeit von 1962 bis 1970 wurde in Frankfurt die Nordweststadt errichtet. Der größte Teil der Bauten aus dieser Stilepoche in Frankfurt sind wieder abgerissen worden.

Über dem Altar hatte der Architekt Licht durch eine Glaskuppel, unter der unterschiedlich lange Metallstreifen des Künstlers Hermann Goepfert hängen, in den Kirchenraum fließen lassen. Diese Streifen sorgen dafür, dass durch die Sonnenstrahlen Leuchten und Funkeln entsteht. So wird auf die Verbindung des Menschen zu seinem göttlichen Ursprung hingewiesen.
Die Kirche ist heute ein Kulturdenkmal aufgrund des hessischen Denkmalschutzgesetzes.

Altar in der Dietrich-Bonhoeffer-Kirche

Altar in der Dietrich-Bonhoeffer-Kirche

Namensgeber und kirchliches Selbstverständnis der Gemeinde

Der Theologe Dietrich Bonhoeffer wurde zum Namenspatron. Er stand für den Neuanfang nach dem Krieg: Als Christ hatte er sich gegen das Hitler-Regime zur Wehr gesetzt und war deshalb im Konzentrationslager gestorben. „Unser Christsein wird heute nur in zweierlei bestehen: im Beten und Tun des Gerechten unter den Menschen“, schreibt Bonhoeffer in einem Brief. „Beten und Tun des Gerechten“ wurde als Schriftzug auf die Brüstung der Empore gesetzt.

Auch heute noch wohnen viele Menschen aus den unterschiedlichsten Ländern in dem Gemeindegebiet. Deshalb engagiert man sich hier besonders für ein gutes Zusammenleben mit Menschen anderer Herkunft und Religion. Sonntag nachmittags feiert in den Räumlichkeiten die koreanische Gemeinde ihre Gottesdienste. Mit der benachbarten As-Salam Moschee im »Kleinen Zentrum« wird interreligiöser Austausch betrieben.

Gebäude der Dietrich-Bonhoeffer-Kirche

Gebäude der Dietrich-Bonhoeffer-Kirche

Zusammenlegung von Kirchorten

Die Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde entstand 1965, nachdem die ersten Bewohner der Nordweststadt, die ab 1962 errichtet wurde, ihre Gottesdienste noch in einer Kapelle auf einem Sattelschlepper feiern musst. Immerhin 80 Gottesdienstbesucher hatten darin Platz. Nach der mobilen Kapelle gab es noch für ein Jahr eine Baracke auf dem Bauplatz der künftigen Kirche.

Zum Jahresbeginn 2020 wurde dann die sich seit Jahren verkleinernde Gemeinde mit den benachbarten Gemeinden St. Thomas (Heddernheim), Cantate-Domino (Nordweststadt) und Gustav Adolf (Niederursel) zur Evangelischen Kirchengemeinde Frankfurt am Main – Nordwest zusammengelegt.

Trennung von dem Kirchengebäude

Voraussichtlich in den kommenden Monaten wird der »Evangelische Regionalverband Frankfurt und Offenbach« das Kirchengebäude zusammen mit dem ehemaligen Pfarrhaus verkaufen. Angeboten wird das Objekt seit Anfang des Jahres. Die Angebotsfrist ende am 31. Oktober. Im Frühjahr könnte dann der Kaufvertrag notariell besiegelt werden. Vermietung oder Abriss waren bisher keine Option. Nach dem Abschlussgottesdienst wird die Verwaltung des Gebäudes an den Regionalverband abgegeben.


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