Schlagwort: Vernissage

Gesichter des Widerstandes

Fritz-Bauer-Straße Straßenschild und Beschreibung

Seit 2016 erinnert das Centre for Dialogue am Holocaust Gedenktag an die Gräuel, die Menschen mit nationalsozialistischer Gesinnung von 1933 – 1945 an ihren Mitbürgern begangen hatten.

Die Menschen, die dem arischen Weltbild nicht entsprachen, waren vielfältig: Kommunisten, Sozialisten, Menschen mit anderer sexueller Orientierung, Menschen mit anderer Hautfarbe, Juden, Sinti, Roma, Kranke, Kriminelle, …

Nur eine kleine Minderheit der Bevölkerung wagte es, der großen Mehrheit Widerstand zu leisten, als offenbar wurde, wie menschenverachtend und zerstörerisch die Handlungen der Politik und der sie unterstützenden Mehrheit geworden waren.

Erst in den letzten Jahren, als das Ende des Krieges bereits über 70 Jahre zurücklag, war unsere Gesellschaft so weit, dass Straßen nach den Menschen benannt wurden, die so viel Mut bewiesen hatten, sich für verfolgte Mitbürger einzusetzen und Widerstand gegen das Regime zu leisten.

Josephine Baker, die Namensgeberin für die Integrierte Gesamtschule am Riedberg, war selbst Mitglied der französischen Résistance und wurde für ihre Verdienste mehrfach ausgezeichnet. Ein guter Anknüpfungspunkt für eine Projektgruppe von 16 Schülern, um sich auf die Suche nach den Spuren der Kämpfer gegen die Naziherrschaft auf dem Riedberg zu machen. Eine andere Gruppe von 14 Schülern suchte in der Zwischenzeit nach Informationen über Josephine Baker.

Die erste Aufgabe war, Straßennamen zu identifizieren, die zu dem gewählten Thema passen. Mit fachkundiger Unterstützung eines Fotografen wurden die Straßenschilder kunstvoll fotografiert und im Anschluss danach, begann die Suche nach Informationen über die Menschen, denen man am Riedberg ein kleines Denkmal gesetzt hatte.

  • Fritz-Bauer-Straße
  • Hans-Bethe-Straße
  • Otto-Stern-Zentrum
  • Nelly-Sachs-Platz
  • Richard-Breitenfeld-Straße
  • Magda-Spiegel-Weg
  • Johann-Georg-Elser-Straße
  • Erna-Pinner-Straße
  • Ludwig-Fulda-Weg
  • Katharina-Staritz-Straße
  • Martin-Niemöller-Straße
  • Frieda-Amram-Weg
  • Cäsar-von-Hofacker-Straße
  • Fabian-von-Schlabrendorff-Straße
  • Graf-von-Stauffenberg-Allee
  • Ricky-Adler-Straße
  • Paul-Apel-Straße

Insgesamt gibt es etwa 30 Straßen auf dem Riedberg, die nach Menschen benannt sind, die sich im 2. Weltkrieg im Widerstand engagiert haben. Die Geschichte von 16 Menschen wurde von den Schülern zusammengetragen. Darunter sind Widerstandskämpfer, Theologen, Dichter, Sänger, Physiker, Juristen, Politiker, …

Zum krönenden Abschluss wurde am 27. Januar eine Vernissage der Bilder und Texte im Gebäude der Schule am Riedberg eröffnet. Dazu gab es ausdrucksstarke Musik von der Gruppe »Bosephine Jakers«.

Musikgruppe Bosephine Jakers

Herr Rosenfeld, Betreiber des Kuli Alma, ein Spezialist für vegane mediterrane Küche, war von dem Projekt begeistert und stiftete die kulinarischen Genüsse an diesem Abend.

Frau Neißner, vom Ortsbeirat 12 stellte in ihrer Rede den Bezug zu aktuellen Gefährdungen für die Demokratie her. Sie forderte die Zuhörer auf, aufmerksam und kritisch an der Gestaltung einer Gesellschaft mitzuarbeiten, in der Hass und Ausgrenzung keinen Platz hat.

Auch Frau Gölitzer, die Schulleiterin und Frau Marianov, die Projektleiterin bekamen für ihre Vorträge reichlich Applaus. Ein gegenseitiges Interview von Herrn Dr. Lootens (Centre for Dialogue), Herrn Noss (Zentrum Ökumene) und Herrn Erlbruch (Fotograf) schlug die Zuhörer in den Bann. Nur das Zusammenspiel von vielen Kräften und Sponsoren hatte diesen wunderschönen Abend und den erfolgreichen Abschluss des Projektes ermöglicht.

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Die vielen Gesichter des Widerstands sichtbar machen

Team der Ausstellung Namen_Erinnern_Uns

Schülerinnen und Schülern der Josephine-Baker-Gesamtschule ziehen mit Handykameras los und fotografieren Schilder von Straßen, die nach Ermordeten und Betroffenen des Holocaust benannt sind. Über diese Arbeit nähern sie sich den Schicksalen der Menschen an. In einer Ausstellung zeigen sie nun die Ergebnisse. Dr. Dominiek Lootens, Leiter des katholischen Centre for Dialogue am Campus Riedberg, berichtet im Interview von der Bedeutung des Projekts.

Jedes Jahr erinnert das Centre for Dialogue am Holocaust Gedenktag an die Gräuel der Shoa. In diesem Jahr tun Sie das gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern der Josephine-Baker-Gesamtschule am Riedberg. Können Sie uns das Projekt beschreiben?

Als Centre for Dialogue ist Teil unseres Konzeptes, unser Publikum zu Mitveranstaltern zu machen. Unsere Idee bei diesem Projekt war es, die 16 Schüler:innen auf eine Lernreise zu schicken, indem wir Street-Photography mit Recherche verbinden. Auf dem Riedberg gibt es keine Stolpersteine, Clara Marianov, Lehrerin an der Josephine-Baker-Gesamtschule, Peter Noss vom Zentrum Ökumene und ich haben uns also gefragt, was gute Fotomotive für die Schülerinnen und Schüler wären. Es gibt ungefähr 30 Straßen auf dem Riedberg, die nach Menschen benannt sind, die sich im Zweiten Weltkrieg im Widerstand engagiert haben.

Wie sind Sie vorgegangen?

Das Projekt startete im November. Zunächst haben sich die Schülerinnen und Schüler aus einer Liste, die wir von der Stadt Frankfurt bekommen haben, anhand der biografischen Daten die Personen herausgesucht, die ihnen besonders interessant erschienen. Gemeinsam mit dem vom Centre for Dialogue finanzierten Fotografen Steffen Erlbruch waren sie dann zu vier Terminen draußen unterwegs, haben von ihm Wissenswertes über Fotografie gelernt und mit ihren eigenen Handys eindrucksvolle Bilder gemacht. Die Ergebnisse sind am kommenden Montag in einer Ausstellung in der Josephine-Baker-Gesamtschule zu sehen. An der Ausstellung ist übrigens auch noch eine zweite Gruppe mit 14 Schüler:innen beteiligt, die über Schule und Demokratie nachgedacht und ein 3D-Modell von einem Klassenzimmer entworfen sowie zu Josephine Baker recherchiert haben, die ja auch in der Resistance aktiv war.

Es ist nicht Ihre erste Kooperation mit der Josephine-Baker-Gesamtschule. Wie kam die Zusammenarbeit zustande?

Die Schule und das Centre for Dialogue (CfD) sind Nachbarn, wir liegen beide am Nelly-Sachs-Platz. Nachdem wir festgestellt haben, dass es ein gegenseitiges Interesse zu einer Zusammenarbeit gibt, haben wir im vergangenen Jahr erstmals den Holocaust-Gedenktag, der seit 2016 im CfD stattfindet, gemeinsam ausgerichtet. 2024 haben Schüler:innen Gedichte von Nelly Sachs vorgelesen, es nahmen etwa 100 Jugendliche teil. Das war damals einige Monate nach dem Terror vom 7. Oktober in Israel und wir haben auch darüber gesprochen, wie sich die damalige Zeit des Holocaust zu unserer Zeit verhält. Generell gibt es immer wieder Schnittstellen zur Josephine-Baker-Schule. So hat zum Beispiel CfD-Mitarbeiter Jan Quirmbach dort vor kurzem ein Projekt zum Thema Menschenwürde realisiert.

„Namen.Erinnern.Uns.“ – warum ist es für Jugendliche so wichtig, sich dem Holocaust über persönliche Geschichten zu nähern?

Ein persönlicher Bezug ist wichtig, damit das Thema nicht abstrakt bleibt. Mit einer persönlichen Geschichte kann man sich einfach besser auseinandersetzen, man kann sich mit den Menschen, um die es geht, identifizieren und sich selbst dazu in Relation setzen. Übrigens war es auch interessant, zu beobachten, nach welchen Präferenzen sich die Schüler:innen die Straßen ausgesucht haben – die eine interessiert sich mehr für Kunst, der andere mehr für Geschichte und zum Beispiel das Attentat auf Hitler. Die Schülerinnen und Schüler nehmen aus diesem Projekt Wissen darüber mit, wie man Widerstand leistet – und dass es ganz unterschiedliche Arten von Widerstand gibt. Auch Poesie schreiben kann eine Art von Widerstand sein, Journalismus, Theologie wie Edith Stein. Jeder Mensch versteht etwas anderes darunter und kann sein Talent nutzen, sich zur Wehr zu setzen.

Wer sind die Menschen, die in der Ausstellung vorgestellt werden?

Insgesamt bilden wir die Geschichte von 16 Menschen ab. Darunter sind Widerstandskämpfer, Theologen, Dichter, Sänger, Physiker, Juristen, Politiker, männlich und weiblich.

Die Ausstellung stößt auf großes Interesse, selbst RTL hat schon berichtet. Was bedeutet diese Art von Reichweite für das Projekt?

Es unterstreicht seine Bedeutung. Der Kontakt zu RTL kam über den Vater einer Teilnehmerin zustande, darüber haben wir uns sehr gefreut. Die Jugendlichen nehmen ihr Projekt ernst, zum Beispiel werden sie die Vernissage auch selbst moderieren. Dafür üben wir gerade mit ihnen.

Kann man sich die Ausstellung auch über den Tag der Vernissage hinaus ansehen?

Im Haus der Volksarbeit gibt es Interesse, sie bald dort noch einmal einem breiteren Publikum zu zeigen, ein Termin steht aber noch nicht fest. Auch im Zelt der Religionen im Juni wird sie vermutlich noch einmal zu sehen sein.


Info-Kasten: Am Montag, 27. Januar, 17 Uhr, wird die Ausstellung „Namen.Erinnern.Uns.“ in der Josephine-Baker-Gesamtschule (Gräfin-Dönhoff-Straße 11, Riedberg) eröffnet. Bei der Vernissage gibt es Musik von den Bosephine Jakers sowie Essen vom israelischen Restaurant Kuli Alma. Bitte anmelden: Poststelle.Josephine-Baker-Gesamtschule@stadt-frankfurt.de

Anne Zegelman
Haus am Dom und Katholische Stadtkirche

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