Auch wenn der gesellschaftliche Trend – vor allem in den Großstädten – dahin geht, dass Menschen sich voneinander abschotten und die Gefahr besteht, dass sie vereinsamen, hat man an manchen Stellen die Möglichkeit, diesem Trend Einhalt zu gebieten.
Ein schönes Beispiel dafür war die Initiative von zwei Familien am Riedberg, sich für ein Urban Gardening Projekt stark zu machen. Ein kurzer Aufruf im lokalen Stadtteilmagazin, ein Zetteleinwurf in den Briefkästen der umliegenden Nachbarn und schon waren die ersten Mitstreiter gefunden. Flüsterpropaganda und der Anblick von Menschen, die gemeinsam Hochbeete errichteten, führte dazu, dass noch mehr Interessierte zu der Gruppe hinzustießen.
Erstbepflanzung, © Christina Herzbach
Im Vorfeld war die Idee dem Grünflächenamt mitgeteilt worden und stieß dort auf Zustimmung und Unterstützung. Weitere Recherchen führten dazu, dass auch ein bis zwei Geldgeber bereit waren, die erheblichen Anlaufkosten zu schultern. Die Klimaschutz-Initiative Riedberg e. V. war bereit die Abwicklung der Fördergelder zu übernehmen.
So standen die Gelder für insgesamt drei Hochbeete (Holzkisten und Fundament) mit Erstbefüllung (klein gehäckseltes Holz, Stroh, Pferdemist und Komposterde) sowie für den Erwerb der ersten Pflanzen bereit.
Glücklicherweise fanden sich in der Gruppe sowohl Menschen, die sich um die Organisation kümmerten, als auch handwerklich Begabte und Rentner, die an den verschiedensten Stellen einspringen konnten, wenn Not am Mann war.
Ergänzungsbepflanzung, © Christina Herzbach
So wurden im Frühjahr 2024 die ersten beiden Hochbeete errichtet und im Herbst folgte dann das dritte Beet. Auch rund um die Hochbeete wurde noch die eine oder andere Pflanze in unmittelbarer Nachbarschaft im Boden eingesät. Auch ein zusätzlicher Blühstreifen für Insekten wurde noch angelegt.
Einmal in der Woche hat sich die Truppe getroffen und das Pflanzenwachstum in den Beeten begutachtet. Auch ein regelmäßiger Gießdienst war schnell eingerichtet. Dass das so schnell alles klappte, hing auch damit zusammen, dass die Gruppe externe Unterstützung bekam, von Menschen mit Enthusiasmus und grünen Daumen.
Gepflanzt wurden die unterschiedlichsten Gemüsesorten. Dies fand bei Passanten und Anwohnern so viel Anklang, dass oft die eine oder andere Salatpflanze schneller geräubert war, als man hinschauen konnte. “Sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen …” (Matthäus 6,26), bekam da plötzlich eine ganz aktuelle Bedeutung. Doch man tröstete sich gegenseitig, dachte daran, dass auch viele arme Menschen am Riedberg leben und machte trotzdem munter weiter.
Gemüseernte, © Christina Herzbach
Unter finanziellen Gesichtspunkten macht so ein Urban Gardening Projekt nicht unbedingt Sinn. Gerade die hohen Anlaufkosten amortisieren sich vielleicht erst in vielen, vielen Jahren. Aber dafür sind andere Effekte viel wichtiger:
- Die Biodiversität an dieser Stelle im Stadtteil konnte deutlich erhöht werden. Viele Insekten haben eine neue Nahrungsquelle erhalten. Auch wenn die Gärtner über Schnecken, Läuse, Körner pickende Vögel und andere Futterkonkurrenten nicht gerade begeistert waren. Aber Bienen, Hummeln, Schmetterlinge und andere Insekten haben sich auch gezeigt und die Gärtnergemeinde erfreut. Nicht zu vergessen die Vögel und Fledermäuse, die wiederum von diesen Insekten leben.
- Jetzt hatte man in der Nachbarschaft eine gemeinsame Aufgabe, gemeinsame Interessen und viel Stoff zum Diskutieren und Lernen.
- Nach erfolgreich abgeschlossenen Etappen traf man sich gelegentlich in einer der Riedberger Gaststätten und freute sich über das, was man erreicht hatte, und tauschte sich aus über zukünftige Entwicklungen.
- Und vor allem: Gemeinsam ist man nicht einsam! Dies zeigte sich auch daran, dass so mancher zufällig vorbeikommende Passant die gärtnernde Truppe ansprach und sich über die botanischen Aktivitäten austauschte.
Danksagung
Einen herzlichen Dank an die Mitarbeiter des Grünflächenamtes, die das Projekt wohlwollend begleitet haben, an die Stiftung Polytechnische Gesellschaft, die das nachbarschaftliche Miteinander finanziell unterstützte, sowie an die vielen Helfer und Ratgeber, die dafür sorgten, dass die Herausforderungen, die so ein Projekt mit sich bringt, erfolgreich gemeistert werden konnten.
Fazit: Auch andere Ecken in Kalbach-Riedberg könnten im Rahmen eines Urban Gardening Projektes begrünt werden und so zur Vernetzung der Anwohner beitragen.