Schlagwort: Harz IV

Sozialverbände klagen wegen zu geringer Anpassung der Grundsicherung

Geldscheine

Angesichts der hohen Inflationsraten klagen der Sozialverband VdK und der Sozialverband Deutschland (SoVD) gemeinsam gegen die Anpassung der Regelsätze für 7 Millionen Menschen, die »Grundsicherung im Alter« und »Hartz IV« beziehen.

„Die Bundesregierung verstößt mit der Anhebung um 3 Euro und für Kinder sogar nur um 2 Euro Anfang des Jahres gegen ihren verfassungsmäßigen Auftrag, das Existenzminimum zeitnah sicherzustellen“, sagt VdK-Präsidentin Verena Bentele. „Daran ändern auch die einmaligen Entlastungszahlungen sowie die zusätzlichen 20 Euro im Monat für »Kinder in Grundsicherung« nichts. Sie verpuffen angesichts der steigenden Kosten“, sagt SoVD-Präsident Adolf Bauer.

Beide Verbände wollen daher nun in Musterstreitverfahren bis vor das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ziehen. Dieses soll klären, ob der Gesetzgeber seine Pflicht verletzt, auf Preissteigerungen zeitnah zu reagieren.

Sie berufen sich dabei auf zwei Urteile aus 2010 und 2014. Dort heißt es unter anderem: „Ist eine existenzgefährdende Unterdeckung durch unvermittelt auftretende, extreme Preissteigerungen nicht auszuschließen, darf der Gesetzgeber dabei nicht auf die reguläre Fortschreibung der Regelbedarfsstufen warten.“ (BVerfG 23.7.2014 – 1 BvL 10/12 ua, Rn. 144).

Das aber, so die beiden Sozialverbände, habe die Bundesregierung getan, als sie die Regelsätze für die »Grundsicherung im Alter« und »Hartz IV« Anfang des Jahres um nur 0,76 % angehoben hat. Zu dieser Zeit stieg die Inflationsrate bereits seit Monaten und lag damals bei knapp 5 %. Inzwischen ist sie auf 7,6 % im Juni gestiegen. „Die Bundesregierung verstößt damit gegen die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts“, kritisiert Bauer.

Die Regelsatzerhöhung um 3 Euro ergab sich aus der niedrigen Preisentwicklung von Juni 2020 bis Juli 2021. Damals hatte die Bundesregierung pandemiebedingt die Mehrwertsteuer reduziert. „Schon damals war allen klar, dass diese Anpassung die tatsächliche Preisentwicklung nicht deckt“, sagt Bentele. Eile sei daher nun geboten, betont Bauer: „Inzwischen sind die Kosten für fast alle Produkte des täglichen Lebens aber auch für Energie derart gestiegen, dass das Existenzminimum mit den Regelsätzen nicht mehr gesichert ist.“

Beide Verbände legen nun für ausgewählte Musterklägerinnen und Musterkläger Rechtsmittel ein, um eine höchstrichterliche Klärung zu erreichen.


Der Sozialverband VdK
ist mit über 2,1 Millionen Mitgliedern die größte sozialpolitische Interessenvertretung Deutschlands. Er setzt sich seit mehr als 70 Jahren erfolgreich für diejenigen ein, die sonst zu wenig wahrgenommen werden. Der Sozialverband VdK kämpft gegen soziale Ausgrenzung, Armut und ungleiche Chancen und für faire Bezahlung, solidarisches Miteinander und für soziale Gerechtigkeit.

Der VdK bietet außerdem kompetente Sozialrechtsberatung und vertritt seine Mitglieder vor den Sozialgerichten. Die 13 Landesverbände sind mit ihren Geschäftsstellen bundesweit vor Ort präsent und organisieren Hilfe und Beratung, Informationsveranstaltungen und gemeinsame Freizeitaktivitäten.

 

Der Sozialverband Deutschland SoVD
ist eine soziale, humanitäre und sozialpolitische Selbsthilfeorganisation, die sich zum demokratischen und sozialen Rechtsstaat bekennt. Der Verband tritt seit 1917 und damit seit mehr als 100 Jahren für soziale Gerechtigkeit ein. Unabhängig von parteipolitischen und weltanschaulichen Interessen ist der SoVD generationsübergreifend für alle Menschen offen.

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