Wenn es dem Einzelhandel nicht gut geht, dann merkt man das besonders an den Umsätzen bei den Unverpackt-Läden. Vor allem die Inflation macht den kleinen Läden zu schaffen. 224 Unverpackt-Läden sind beim bundesweiten Branchenverband gemeldet, 5 Angebote gibt es in Frankfurt: 3 Geschäfte, 1 Marktstand und 1 Online-Lieferdienst.
Kalt erwischt hat es in diesem Jahr »Gramm.genau« in Bockenheim und »Die Schütte« in Oberursel. »Gramm.genau« hatte die Bewegung mit seiner Eröffnung 2019 nach Frankfurt gebracht. Der Kampf mit sinkenden Umsätzen konnte auch durch die Übernahme durch eine Genossenschaft nicht beendet werden. Anfang des Jahres musste »Gramm.genau« schließen – und hinterlässt eine Lücke in der städtischen Einkaufsszene. Um ohne großen Druck wirtschaften zu können, hätte es 25 % mehr Umsatz gebraucht.
Laut einer repräsentativen Ipsos-Studie im März bleiben 39 % der Befragten nachhaltigen, bzw. Bio-Produkten treu, mit 37 % greifen aber fast genauso viele auf Alternativen zurück. Die Bereitschaft der Menschen, mehr für nachhaltige Produkte auszugeben, ist seit 2022 um 8 % gesunken. Ganze 49 deutsche Betriebe mit Unverpackt-Konzept mussten im letzten Jahr schließen, 22 Betriebe sind es bereits in diesem Jahr.
Der Oberurseler Unverpacktladen »Die Schütte« wird am 21. Dezember schließen. Mit viel Elan und einer bis ins Detail ausgearbeiteten Geschäftsidee hatten Christine Greve und Nina Sünder vor ziemlich genau 2 Jahren den Laden in der Ackergasse 9 in Oberursel eröffnet. Sie führen seither ein Sortiment mit Lebensmitteln, Badezimmer- und Putzmitteln, Haushalts- und Geschenkartikeln.
Doch es gibt leider nicht ausreichend Kundschaft für dieses Konzept in der Brunnenstadt. Auch zahlreiche Marketing-Aktivitäten, wie Rabattaktionen und Werbung, sowie interessante Veranstaltungen rund um die Themen Nachhaltigkeit und Zero Waste brachten nur halb so viel Kunden, wie das Geschäft zum Überleben benötigt hätte.
Die Bereitschaft der Kundschaft, Neues auszuprobieren, sich umzustellen und unverpackt einzukaufen ist einfach noch nicht zum Mainstream geworden, sondern immer noch ein Nischensegment, trotz Klimawandel und Umweltverschmutzung. Statt Lippenbekenntnissen wäre praktisches Anpacken und Umstellen der eigenen Gewohnheiten in der Bevölkerung notwendig gewesen.
Stattdessen schaut man sich schaudernd die Katastrophenbilder im Fernsehen an und hofft, dass man nicht als Nächstes zu den Betroffenen gehört. Selbst ein Parkplatz vor dem Laden, oder Preise, die teilweise unter dem lagen, was große Biohändler verlangen, führen nicht zur Umstellung im Konsumverhalten. Für viele Menschen ist es kein Problem, billige Lebensmittel wegzuschmeißen, aber sie sind nicht bereit, etwas Teureres in kleinen Mengen zu kaufen.
Da am Ende nichts weggeworfen werden soll, beginnt ab sofort der Abverkauf. Lebensmittel werden individuell rabattiert, die non-food Artikel, mit Ausnahme von Büchern und wenigen anderen Produkten, werden ab 19. November um 20% reduziert. Ab 26.11. purzeln die Preise weiter, bis hoffentlich am 21. Dezember nichts mehr übrig ist. Auch das Mobiliar, die Deko, die Spender, Bonbongläser, Trichter und Abfüllhilfen werden ab sofort verkauft. Wer die Schütte noch nicht kennt, hat also jetzt noch einen weiteren Grund, dem Laden einen (letzten) Besuch abzustatten.
Viele Kunden sind nun traurig – ja manchmal sogar verzweifelt – weil sich ein Laden wie »Die Schütte« in der schönen Brunnenstadt nicht halten kann. Es tut gut zu wissen, dass es viele gleich gesinnte Menschen gibt, die die Vision von nachhaltigem Konsum teilen. Bleiben wir hoffnungsvoll, dass wieder bessere Zeiten für Klimaschutz und Nachhaltigkeit kommen und das Thema „Unverpackt“ hier in Oberursel und Frankfurt eine zweite Chance erhält.