Karin Rabhansl im Interview

Letzten Samstagabend hat die Josua-Gemeinde die Musikerin Karin Rabhansl eingeladen. Sie trat mit ihrem Solo-Programm in der Aula der Grundschule Riedberg auf. Vor dem Auftritt gewährte Karin Rabhansl dem Stadtteilmagazin MainRiedberg ein Interview.

MainRiedberg:
Zunächst ein Frage, die wahrscheinlich alle stellen: wann hast du angefangen mit Musik?

Karin Rabhansl:
Ich war schon im Kindergarten total fasziniert von der Gitarre. Klettergerüste und Schaukeln haben mich gar nicht interessiert. Ich wollte eine Gitarre haben und habe meine Eltern solange genervt, bis die mir eine Gitarre gekauft haben. Gesungen habe ich schon immer: ich hatte einen dieser roten Sony-Kassettenrekorder mit dem quietschroten Mikrophon und bin damit durchs ganze Haus gesprungen und habe alles darauf zusammen gesungen.
Und dann habe ich die Gitarre für mich entdeckt und damit angefangen.
Gitarrenunterricht habe ich in der zweiten Klasse bekommen, mit acht.

MainRiedberg:
Mit eigenem Gitarrenlehrer?

Karin Rabhansl:
Ja, in Niederbayern, aus der Nähe von Passau, wo ich herkomme, da hat mich meine Mutter jede Woche hingefahren, und dass obwohl wir nur ein Auto hatten, das sich meine Eltern teilen mussten.

MainRiedberg:
Und wann hast du angefangen selbst Stücke zu schreiben, also auch Texte zu verfassen?

Karin Rabhansl:
Witzigerweise während meiner Ausbildung zur Bankkauffrau. Ich habe eine Banklehre bei der Sparkasse gemacht und da war ich so frustriert, dass ich angefangen habe, die ersten Songs zu schreiben.

MainRiedberg:
Karin, bei Liedermachern stelle ich mir oft die Frage, hätte es auch eine Lyrikerin/Schriftstellerin Karin Rabhansel werden können?

Karin Rabhansl:
Nein, weil für mich beides immer zusammen gehört: ich finde Texte wahnsinnig wichtig. Es gibt Musiker die sagen, nein ich schreibe den Text ja nur, weil ich einen Text haben muss. Aber ich finde beides, Musik und Text, ist gleich wichtig. Ich lese unfassbar gerne und viel – schon seit frühester Kindheit.  Aber nur Texten war immer zu abstrakt für mich.

Auch ob ich wirklich Musikerin werden sollte – ich komme aus einem sehr unmusikalischen Haushalt – war immer sehr ‚unnaheliegend‘. Ich hatte zwar immer viel Spaß beim Aufsätze- und Geschichten-Schreiben, aber nur Texte schreiben, ist mir nie in den Sinne gekommen.

MainRiedberg:
Und spätestens nach deiner Bank-Lehre wusstest du, dass du mit Finanzen nichts am Hut hast, und hast die Musikschule besucht. Und was hat dir die Ausbildung künstlerisch und beruflich gebracht?

Karin Rabhansl:
Ich habe mich plötzlich nicht mehr so allein gefühlt. Ich war in meinem Dorf in Niederbayern die Einzige, oder eine der Wenigen, die eigene Lieder geschrieben haben. Ansonsten gab es einige Cover-Bands, die auf Festen aufgetreten sind. Ich selbst habe in einer mitgespielt.

Aber die Berufsfachschule war für mich ein totales Erweckungserlebnis. Das war und ist eine kleine Schule in Mittelfranken, in Dinkelsbühl, wo es einen Pop- und einen Klassik-Zweig gab. Da habe ich mit klassischer Gitarre angefangen. Und habe dort so viele Gleichgesinnte getroffen. Da hat sich das Lebensgefühl eingestellt: ich bin nicht komisch, es gibt ganz viele mit der gleichen Begeisterung für Musik und die den – fast schon – Wahnsinn für die Musik teilen, den ich schon immer in mir gespürt habe.

Bei den Jam-Sessions haben mir die Leute gesagt, dass ich gut singen kann, weshalb ich noch Pop-Kurse dazu genommen und meine Songs weiter geschrieben habe. Ich bin dabei selbstbewusster geworden und habe erkannt, dass ich das gut kann und es für mich Sinn macht, damit meinen Beruf, oder mein Leben, zu bestreiten.

MainRiedberg:
Dazu kommen ja sicherlich die Verbindungen zu anderen Musikern. Du spielt ja heute noch zusammen mit ehemaligen Mitschülern?

Karin Rabhansl:
Ja, genau. Der Joschi Joachimsthaler war mit mir in Dinkelsbühl.

MainRiedberg:
Hat dich die Schule auch in Hinblick auf den Beruf als Musikerin und das „Musik-Business“ vorbereitet?

Karin Rabhansl:
Es gab das Fach ‚Musik und Business‘, wo man rudimentär darüber geredet hat. Ich habe mir das aber dann selber drauf geschafft und man lernt im Laufe der Zeit dazu.
Letzten Endes muss man es einfach ausprobieren. Es gibt nicht den einen richtigen Weg: jeder Musiker, jeder Musikerin muss einfach kucken, wie es für einen selbst am besten funktioniert.

MainRiedberg:
Wie hat der Einstieg in die Professionalität für dich funktioniert. Sicherlich gab es da ja auch ein paar Hindernisse zu überqueren?

Karin Rabhansl:
Klar. Ich war von 2006 bis 2009 an dieser Berufsfachschule für Musik in Dinkelsbühl und habe mich nach meinem Abschluss 2009 selbstständig gemacht. Anschließend bin nochmal kurz zurück zu meinen Eltern gezogen und habe dann an der dortigen Musikschule angefangen privat zu unterrichten.
Dann habe ich immer mehr Konzerte gespielt und den Unterricht zurück geschraubt. In Nürnberg, wo ich seit 2011 wohne, habe ich immer noch meine Privatschüler, die ich in Gitarre und Gesang unterrichte.
Du musst heutzutage als Musiker/in so aufgestellt sein wie eine Spinne: ein bisschen unterrichten, Konzerte geben, in anderen Bands mitspielen – ich spiele in meiner Rockband Bass -, mal Solo-Konzerte geben. Dann habe ich noch ein Duo – Fischer&Rabe (*1) heißt es – und moderiere noch eine Radio-Sendung (*2).
Alles, damit man verschiedene Sachen unternimmt und nie stehen bleibt. Das ist das Schlimmste, wenn man sich selbst so genügt, dass man keine Lust mehr hat zu lernen. Ich nehme selber immer noch Gesangsunterricht bei einer klassischen Sängerin und habe auch einen Bass-Lehrer.

MainRiedberg:
Und deine erste CD hast du noch in Eigenproduktion erstellt? (*3)

Karin Rabhansl:
Ja, genau.

MainRiedberg:
Und du bist dabei mit einer kompletten Vorstellung, wie das Ganze klingen soll, ins Tonstudio gegangen, hast ein paar Musikerfreunde zusammengesucht, „kommt wir machen mal was, hier sind die Noten, lasst uns mal was einspielen“?

Karin Rabhansl:
(lacht) Nee, die Vorstellung ist völlig übertrieben. Das war eher ein Blindflug!
Das ist das Schöne an einem Debüt-Album, dass du noch keinen Erwartungsdruck von irgendwelche Menschen hast, inklusive dir selber, sondern dass du ganz jungfräulich daran gehst. Und einfach keinen Druck verspürst, sondern machst, was du denkst. Da gab es tatsächlich ein paar Bekannte – auch Freunde auch aus Dinkelsbühl -, die mich unterstützt haben; dann habe ich in Nürnberg, Passau und Berlin aufgenommen und das Ganze zusammen gewurschtelt. Und es klingt auch so ein bisschen wie Kraut und Rüben. Aber jeder Titel ist immer eine Momentaufnahme, wie ein Zeitstempel, der deinen Stand zu dieser Zeit wiedergibt.

MainRiedberg:
Und im Studio, oder wenn ihr zusammen probt, bist du dann die Chefin?

Karin Rabhansl:
Ja. Bei meinem letzten Album ‚Rodeo‘ habe ich versucht, 30 Vorproduktionen zu erstellen, also selber Schlagzeug zu programmieren, Bass und Gitarre allein einzuspielen und drüber zu singen, um dann ein grobes Demo für jeden Titel zu haben.

MainRiedberg:
Und die Aufnahmen davon teilst du den Musikern aus?

Karin Rabhansl:
Genau. Ich schreibe keine Noten aus. Die Musiker hören die Noten und Akkorde raus, ich gebe noch ein grobes Lead-Sheet über den Aufbau des Titels aus. Dann wird die Band eingeladen und es werden die Titel vorgespielt. Und bei einem Ranking, wo jeder seinen Senf dazu geben kann, wird entschieden, mit welchen Titeln wir ins Studio gehen.

Ein Kollege von mir hat mal gesagt, er pflegt die ‚demokratische Monarchie‘ – und das trifft es auch bei mir ganz gut. Natürlich schreibe ich die Melodie und den Text, setze die Harmonien, aber du kannst einem grandiosen Gitarristen wie dem Joschi Joachimsthaler, nicht einfach sagen, was er für ein Solo zu spielen hat, oder einer Julia Fischer, was sie so zaubert. Oder mein Schlagzeuger Simon Weber, der sich einen eigenen Beat für ‚Schaufema‘ überlegt hat, weil das Demo für ihn nicht funktioniert hat.

Ich habe im Prinzip das letzte Wort. Auf dem Album steht halt ‚Karin Rabhansl‘ drauf und die Produktion ist eben mein Ding.

MainRiedberg:
Und wie entsteht ein Song? Fängt das mit einer Akkordfolge, einer Melodie oder einer Textzeile an?

Karin Rabhansl:
Es gibt nicht wirklich eine Regel. Ich brauche Inspiration. Meistens weil ich keinen Bock habe, das Bad zu putzen, oder die Steuer zu machen. Und dann fällt mir eher etwas auf der Gitarre oder am Bass ein. Oder: ich bin mal eine Zeit lang mit dem Fahrrad gefühlte hunderttausend mal an einen Werbeplakat von ‚Parship‘ mit dem Spruch ‚alle elf Minuten verliebt sich ein Single‘ vorbeigefahren, der sich bei mir so eingebrannt hat, dass dieser als Textzeile in ‚Amor‘ einging.

MainRiedberg:
Was ich mich anfangs überrascht hat war, wie man die Telecaster (*4) und die akustische Gitarre unter einen Hut kriegt, zumal sich mit den beiden Instrumenten oft ein unterschiedlicher Stil verbindet?

Karin Rabhansl:
Ich will alles machen und mir selbst nicht irgendwelche Regeln oder Grenzen auferlegen, weil darunter meine Kreativität leidet. Sobald ich mich selbst einschränke, leidet alles darunter. Ich finde in jedem Genre, das die Musik zu bieten hat, etwas Spannendes. Klar könnte man sagen, jetzt fehlt der rote Faden: da folgt auf eine tot-traurige Akustiknummer ein Rockbrett und wie passt das zusammen? Aber ich glaube der rote Faden ist bei mir die Stimme, die alles zusammenhält.

MainRiedberg:
Damit wäre ich bei meiner nächsten Frage: einerseits singst du in hochdeutsch, andererseits im bayerischen Dialekt. Wie entscheidest du, wann du einen Titel auf hochdeutsch oder bayerisch singst? Das Versmaß ist in jeder Sprache unterschiedlich und damit wirkt sich Text doch unmittelbar auf die Melodie und den Rhythmus aus?

Karin Rabhansl:
Total. Beim Bayerischen ist so, das es weicher ist, ähnlich wie das Englische, wogegen das Hochdeutsche sehr hart ist. Ich finde auf Hochdeutsch kann man etwas nüchterner, vielleicht ein bisschen kühler, beschreiben. Das Bayerische ist etwas erdiger, manches ist etwas derber, vielleicht bisschen grantiger. Z.B. Eine Lied wie ‚Schaufema‘ würde auf hochdeutsch nicht funktionieren: da geht es ja um eine bayerische Sagengestalt. Auf der anderen Seite klingt ‚Baby lauf‘ auf bayerisch fast schon wieder zu harmlos: das Thema häuslicher Gewalt ist so massiv, dass ich es im Text sehr nüchtern halten wollte.

MainRiedberg:
Es gibt sicherlich Titel, die du sowohl akustisch (oder solistisch) als auch elektronisch (mit Band) spielst?

Karin Rabhansl:
Ja. ‚Baby lauf‘ spiel ich heute Abend solo, aber auch mit Band. Es gibt aber Titel, die funktionieren solistisch nicht so gut: „Rodeo“ lebt von dem Gitarrensolo, das Riff habe ich zwar  geschrieben, aber ich könnte das fantastische Gitarrensolo nicht wie Joschi spielen.
Wenn ich solo spiele finde ich es schon wichtig, dass von allen fünf Alben so ein paar Lieder dabei sind und das Publikum am Abend die komplette Bandbreite hören kann.

Die Bühne ist gerichtet; Foto: D.Walz

MainRiedberg:
Ich persönlich würde dich schon als Band-Musikerin sehen. Worin liegt für dich der Reiz eines Solo-Konzerts? Davon abgesehen, dass man die Gage nur alleine kassiert!

Karin Rabhansl:
(lacht) Nur monetäre Gründe!! Die alte Bankkauffrau!!
Ich liebe alles. Ich habe ja gerade vier Formationen: eine Punk-Band ‚Pets‘ – da bin ich ’nur‘ die Gitarristin, spiele einige Soli und singe die zweite Stimme; dann habe ich mit der Keyboarderin meiner Band ein Duo ‚Fischer und Rabe‘, die Rock-Band macht unfassbar Spaß, da kann man richtig die Sau rauslassen.

Aber solo ist immer ein bisschen intimer, im kleineren Rahmen – das hat seinen eigenen Reiz.
Da ist man mehr bei sich.

Karin Rabhansl live; Foto: D.Walz

 

Anmerkungen MainRiedberg:
*1 Julia Fischer (Piano und Keyboards) und Karin Rabhansl
*2 „Die große Karin Rabhansl Show“ https://radiobuh.de/team/?d=karin-rabhansl
*3 „Mogst schmusn, mia wad’s wurscht“
*4 Modelltyp einer elektrischen Gitarre

 

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