Den letzten Tagen mehr Leben, mehr (Mit)Menschlichkeit geben – das ist das Ziel der Hospizbewegung. Am nächsten Samstag findet im Hospiz des Sankt Katharinen-Krankenhauses in Bornheim ab 14 Uhr ein Tag der offenen Tür statt, an dem auch der Riedberger Arzt und Palliativmediziner Dr. Holmer Drews teilnehmen wird. Lesen Sie vorab seine Antworten auf drei wichtige Fragen, die nicht nur Betroffene und Angehörige bewegen.
Wie kann es gelingen, in einem Hospiz die letzten Tage, Stunden oder Wochen eines Menschen in gewisser Weise lebenswert und menschenwürdig zu machen?
Dr. med. Holmer Drews: “Im Hospiz weht ein besonderer Geist, der geprägt ist von (Mit)Menschlichkeit, Respekt und Achtung. Ziel ist es hier nicht mehr, den Patienten gesund zu “machen” oder zum Teil unnötige Therapien bis zum Tode durchzuführen. Ziel ist es vielmehr, den Gästen (!) die letzten Tage ihres Lebens so angenehm wie möglich zu machen. Alleine schon in der Wortwahl zeigt sich der Unterschied zwischen Gast und Patient. Die Erfinderin der Hospzibewegung hat es so formuliert: nicht dem Leben mehr Tage zu geben, sondern den Tagen mehr Leben.
Die letzten Tage sollen für den Gast so angenehm wie möglich sein. Dazu zählt auf der medizinischen Seite, dass er keine Schmerzen haben soll. Das wird mit einer entsprechenden sehr individuellen Schmerztherapie erreicht. Auf der pflegerischen Seite geht es darum, den Gast wirklich zu pflegen, ihn “pfleglich” zu behandeln. Anders als im Krankenhaus spielt Zeit hier keine Rolle in der Pflege. Die Wünsche des Gastes stehen hierbei an erster Stelle und werden realisiert, sofern das irgend möglich ist. Ergänzend kommt ein Angebot an Musiktherapie und von Gesprächen hinzu. Wir Ärzte schauen regelmäßig bei den Gästen vorbei und reden mit ihnen. Das Schöne im Hospiz ist, dass es hier auf der betreuenden Seite um echtes Teamwork geht. Hier arbeiten wir alle sehr eng miteinander in einer Art und Weise zusammen, wie ich es kaum von anderen Einrichtungen her kenne.”
Was sehen Sie als größte Herausforderung eines Palliativmediziners?
“Hier kann ich nur für mich selber sprechen. Es ist ungemein entlastend zu wissen, dass es hier nicht mehr um das Retten von Leben geht. Dafür ist die Herausforderung anders: ich gehe als Palliativmediziner mit dem Patienten/Gast seinen letzten Weg und begleite ihn dabei. Hierbei sind sowohl ärztliche Fähigkeiten gefragt, aber fast noch mehr normale menschliche Qualitäten. Die Gäste wissen, wo sie in einem Hospiz sind. Sie sind ja freiwillig dort und wissen, dass es um ihr persönliches Sterben geht. Das gilt es wahrzunehmen, aufzugreifen und so besprechen, dass es dem Gast gerecht wird. Das heißt, dass über Tod und Sterben ganz offen geredet wird. So mache ich das jedenfalls und frage die Gäste möglichst frühzeitig, was sie sich denn für ihr Sterben wünschen und vorgestellt haben, wie sie diese letzte Lebensphase durch- und erleben möchten. Danach richtet sich dann alles weitere. Für mich ist das als Arzt persönlich eine Herausforderung zum Menschsein!”
Immer mehr Menschen wünschen keine lebensverlängernden Maßnahmen. Wie geht man damit um – als Angehöriger und als Arzt?
“Das Thema mit den lebensverlängernden Maßnahmen erlebe ich in meiner normalen Hausarztpraxis tagtäglich. Hier herrschen ziemlich viele falsche Vorstellungen. Diese versuche ich im Gespräch mit Patienten und Angehörigen zu beseitigen und sie zu ermutigen, entsprechende Vorbereitungen zu treffen. Diese Wünsche – seien sie schriftlich fixiert oder auch nur mündlich erwähnt – werden respektiert und umgesetzt. Auch hierüber spreche schon ich bei der Aufnahme mit den Patienten/Gästen und erläutere oft, was das für weitreichende Konsequenzen haben kann. In der klassischen Schulmedizin stößt das mitunter an Grenzen. Das macht es mitunter schwer zum Aushalten. Aber: Es ist der Wille des Patienten und der hat Vorrang.”
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Veranstaltung: Am Samstag, 27. Oktober, ist im Hospiz am Sankt Katharinen-Krankenhaus von 14 bis 18 Uhr ein Tag der offenen Tür. Beim Podiumsgespräch um 15 Uhr wird auch Palliativmediziner Dr. med. Holmer Drews Fragen beantworten.
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Fotos: Dr. med Holmer Drews/ Symbolfoto: Popov