Hilfe für die Ukraine – ein (Reise-)Bericht von Harald Metzler

Harald Metzler und sein Partner

Hilfsaktion Ukraine, Foto: H. Metzler

*** Anfang März ***

Der Anruf meines langjährigsten und besten Freundes Ramsi Sras kam Anfang März. Der Krieg in der Ukraine war schon in vollem Gange und die ersten Spendenaktionen waren bereits angelaufen.

Wir unterhielten uns lange darüber und waren uns schnell einig, dass es noch mehr geben muss, als „nur“ zu spenden. Schnell war klar: Wir würden selbst an die polnisch-ukrainische Grenze fahren, Hilfsgüter hin- und, was uns noch wichtiger erschien, vor dem Krieg geflüchtete Menschen nach Deutschland in Sicherheit zurückbringen.

Ab diesem Moment gab es nur noch das Motto „Einfach Machen“. Ramsi und sein Geschäftspartner Michael Haug, die gemeinsam die Multimedia-Agentur VIST GmbH in Königstein leiten und ich, wir alle aktivierten unsere Netzwerke und veröffentlichten Spendenaufrufe über persönliche Ansprache, WhatsApp-Gruppen und in den Sozialen Medien. Die Facebook-Gruppe #we4ukraine wurde erstellt, um allen Beteiligten und Spendern die Möglichkeit zu geben, unsere Tätigkeiten zu beobachten und auf dem Laufenden zu bleiben.

Die Ladefläche ist gefüllt

Hilfsaktion Ukraine, Foto: H. Metzler

Nachdem wir ein Fahrzeug, einen 8-sitzigen Kleinbus, zur Verfügung hatten, nahm das ganze Projekt weiter rasant an Fahrt auf: Sachspenden dringend benötigte Hilfsgüter wie Hygieneartikel, haltbare Lebensmittel, Babynahrung, Medikamente, Decken, Schlafsäcke und Wasser wurden bei mir und in der Agentur abgegeben, sortiert und entsprechend neu verpackt und beschriftet. Bargeldspenden gingen ein und auch die Tatsache, dass wir keine Spendenquittungen ausstellen können, da es sich um eine privat organisierte und finanzierte Aktion handelt, hielt die Spender nicht davon ab, teils überaus großzügige Summen zu überweisen.

Damit geht eine große Verantwortung für uns einher, denn die Transparenz, was mit dem Geld geschieht und wie bzw. wofür es verwendet wird, ist uns sehr wichtig. An dieser Stelle ist es angebracht, sich bei allen Spendern für das uns entgegengebrachte Vertrauen ganz herzlich zu bedanken.

Die Menge der Sachspenden machte deutlich, dass es mit einer Fahrt an die Grenze nicht getan sein würde. Was lag also näher, als weitere Fahrzeuge und Fahrer zu suchen und zu finden. Nicht ganz ohne Stolz können wir nun berichten, dass aktuell insgesamt drei Fahrzeuge (zwei 8-Sitzer und ein Kombi mit Anhänger) am 09. und 10.03. nach Przemysl und Medyka aufbrechen werden. Insgesamt werden wir 15 Menschen und voraussichtlich eine noch unbekannte Anzahl von Hunden nach Deutschland zurückbringen können.

Während wir nach wie vor Geld- und Sachspenden erhalten, schreiben uns auch immer mehr Personen in Deutschland, die bereit sind, Flüchtlinge aufzunehmen. Somit können wir für jeden, der mit uns zurückkommt, sicher sagen, dass wir eine Unterkunft für ihn haben und ihn nicht einem unbekannten Schicksal überlassen.

Viele dieser Menschen sind durch lange Fahrten in Bussen und Zügen oder schlimmer noch, durch lange Fußmärsche völlig erschöpft. Kinder sind traumatisiert und müssen schnellstmöglich psychologisch betreut werden.

Wenn wir mit unserer kleinen Aktion dazu beitragen, dass wir Menschen, die unverschuldet in eine unvorstellbar schlimme Situation geraten sind, wieder geordnete Verhältnisse und ein humanes Leben zurückgeben, ist das schon ein großer Erfolg … aber wir werden nicht aufhören und möchten alle ermutigen, unserem Motto zu folgen: „Einfach machen“.

*** Donnerstag, 10.03.2022, 19:00 Uhr ***

Der Bus ist voll beladen mit den Hilfsgütern, Verpflegung für die ca. 12-stündige Fahrt ist eingepackt … es geht los. Die Fahrt durch die Nacht verläuft problem- und ereignislos und so erreichen wir am nächsten Morgen um 07:30 Uhr das Flüchtlings-Camp, ein leer stehendes Einkaufszentrum, in Przemysl, unweit der Grenze.

Was wir zu sehen bekommen, können die Bilder im Fernsehen nicht einmal annähernd wiedergeben. Organisiertes Chaos. Menschen, Autos, Busse, Fernsehteams aus aller Welt. Nach fast einer Stunde haben wir jemanden gefunden, der uns sagt, wo wir unsere Hilfsgüter abgeben können. Wir laden einen Teil unserer Sachen aus: haltbare Lebensmittel, Babynahrung, Hygieneartikel, Werkzeug.

Die mitgebrachten Medikamente übergeben wir direkt dem einzigen Arzt vor Ort, einem deutschen Allgemeinmediziner und Notarzt, der uns berichtet, dass er bereits seit einigen Wochen vor Ort ist. Seine Praxis im Schwarzwald hat er vorübergehend geschlossen um den Menschen, die vor dem Krieg flüchten mussten, zu helfen. Er verteilt Paracetamol, Ibuprofen, Wundpflaster. Unsere mitgebrachten Sachen sind sehr willkommen. Da wir eine große Menge dabeihaben, wird ein Teil davon mit einem Transport direkt in die Ukraine geschickt.

Flüchtlingslager

Hilfsaktion Ukraine, Foto: H. Metzler

Der erste Teil unserer Mission ist also erfüllt. Jetzt geht es weiter. Wir registrieren uns als Fahrer, die Flüchtlinge mit nach Deutschland nehmen und nun sehen wir auch das Innere des Lagers: Der Anblick ist verstörend, verwirrend und geradezu unwirklich. Hunderte, nein Tausende von Menschen, größtenteils Frauen und Kinder sitzen, liegen, stehen überall. Viele schlafen, Kinder blicken mit leeren Augen starr geradeaus, traumatisiert, völlig erschöpft, irritiert.

Eine Ordnung in dem Chaos ist erst auf den zweiten Blick zu erkennen. Die ehemaligen Ladengeschäfte sind nummeriert und es stellt sich heraus, dass jede Nummer für eine bestimmte Region bzw. ein bestimmtes Land steht. Im Raum Nummer 10 sind alle Menschen untergebracht, die nach Deutschland möchten. Nach einer weiteren Stunde stellt sich heraus, dass dort offenbar niemand ist, der in den Raum Frankfurt möchte.

Eines ist klar: Eine Rückfahrt kommt nicht infrage, bevor wir nicht alle verfügbaren Sitzplätze besetzt haben. Da wir bereits von drei Personen wissen, die uns begleiten werden, sind wir auf der Suche nach drei weiteren Geflüchteten. So fahren wir direkt zum Bahnhof Przemysl … und dort treffen wir auf eine Frau und ihre beiden Söhne, 13 und 15 Jahre alt. Nachdem die Helfer unsere Daten aufgenommen und Fotos von uns gemacht haben, übergeben sie die Familie in unsere Obhut. Die drei anderen nehmen wir in der Nähe auf und treten gegen 14 Uhr wieder die Rückfahrt nach Deutschland an.

Wir waren „nur“ ca. 6 Stunden vor Ort aber die Bilder und Eindrücke werden wir wohl so schnell nicht wieder vergessen.

Auch die Rückfahrt verläuft reibungslos und so setzen wir die Familie gegen 01.30 Uhr in der Nacht zum Samstag in der Nähe von Büdingen ab. Die drei weiteren Personen dann kurze Zeit später in der Nähe von Bad Homburg.

Mission erfüllt!!! Müde, erschöpft, nachhaltig beeindruckt und geschockt von den Erlebnissen aber auch tief zufrieden, Menschen in Not direkt geholfen zu haben.

Damit ist es für uns aber noch nicht vorbei. Schon am nächsten Tag nach ein paar Stunden Schlaf besprechen wir die weitere Vorgehensweise und überlegen, wann wir eine zweite Tour starten, denn eines ist klar: Unser Motto wird immer „Einfach machen“ bleiben.

Harald Metzler


Falls Sie noch Fragen haben, sich beteiligen wollen oder noch Spenden haben, kontaktieren Sie Herrn Metzler unter: haraldmetzler@yahoo.de

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