Gemeinsam gegen die Sucht

Eberhard (63) sucht nicht nach schönen Worten. Er sagt klipp und klar: „Der typische Alkoholiker ist Mitte 40. Man trinkt sich in die Droge ein. Das geht leider solange und teils über Jahre gut, bis man es im Alltag oder im Job spürt, bis man schlicht nicht mehr funktioniert.“ Heute Abend wird Eberhard die erste Selbsthilfegruppe für Alkohol-, Medikamenten-Abhängige und andere Sucht-Erkrankungen am Riedberg leiten. Er war selbst abhängig, arbeitet beruflich im Management eines großen Unternehmens und ehrenamtlich für die Freiwillige Suchtkrankenhilfe. Er hat 180 Stunden Ausbildung zum Suchtkrankenhelfer absolviert, um anderen zu helfen, den Weg zu gehen, der ihn zurück in ein selbst bestimmtes Leben ohne Alkohol führte.

Unser Stadtteil ist für den gemeinnützigen Suchthilfe-Verein mit Sitz in Bad Homburg ein idealer Standort für eine neue Selbsthilfegruppe. Der Riedberg ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln bestens erreichbar, der Frankfurter Norden bietet kaum vergleichbare Angebote. Die ersten Interessenten haben sich bereits gemeldet. Eberhard wird die Gruppe mit einem Kollegen gemeinsam leiten. Für MAINRiedberg skizziert er den Ablauf der Zusammentreffen, schickt aber gleich vorweg: “Eine Suchtkrankheit kann man nur zum Stillstand bringen, aber nicht heilen.“ Völlige Freiwilligkeit und völlige Anonymität sind in der Gruppe garantiert. „Wir kontrollieren niemanden und telefonieren keinem hinterher.“ Wer raus aus der Sucht will, muss es selbst wollen und freiwillig Unterstützung suchen.

Dabei wird sehr darauf geachtet, dass „sich keiner angegriffen fühlt, was auch immer er oder sie berichtet“. In der so genannten „Blitz-Runde“ zu Beginn der Treffen, wo jeder schildert, wie es ihm momentan geht. Wo man auch einen Rückfall beichten kann. Gemeinsam wird dann im Verlauf der Treffen ein Thema gesucht, das alle trifft und betrifft. Beispielsweise, wie man bei Festen oder auch Firmenfeiern den Kontakt mit Alkohol komplett vermeidet. Wie man einsame Abende und Seelentiefs überwindet oder was hilft, wenn es kribbelt. Wenn der besondere Kick fehlt und das Verlangen im Casino oder Online weiterzuzocken übermächtig wird. Hier zählen die Erfahrungen von allen. Jeder kann im Prinzip jedem helfen.

Eberhard und seine Kollegen sind aber auch behilflich dabei, wenn jemand Therapie-Möglichkeiten ausloten und Therapie-Anträge stellen möchte. Er appelliert auch an Familie, Freunde und Arbeitskollegen von Abhängigen „nicht wegzuschauen“, sondern aktiv zu werden, notfalls und rechtzeitig Druck auszuüben. Er weiß aus eigener Erfahrung, „dass man eine hohe Chance hat, wenn die Fassade noch stimmt“.

Die neue Selbsthilfegruppe am Riedberg trifft sich ab sofort jeden Mittwoch von 19.30 bis 21.30 Uhr in den Räumen des CASA-Reha-Heims in der Altenhöferallee 74 – 78. Infos unter Tel.: 01805/222118 sowie www.f-s-h.de

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