Seit vielen Jahren arbeiten die Goethe-Universität und der Zoo Frankfurt eng zusammen. Die Kooperation wird nun durch die Einrichtung einer durch den Zoo finanzierten Professur für Wild- und Zootiere ausgebaut – auf dem Campus Riedberg. Angesiedelt ist die neue Qualifikationsprofessur im Institut für Ökologie, Evolution und Diversität des Fachbereichs Biowissenschaften.
„Mit der gemeinsamen Professur kann der Zoo Frankfurt die Erfüllung seines Forschungsauftrags deutlich ausbauen und intensivieren“, freut sich Zoodirektor Prof. Dr. Manfred Niekisch, denn neben Erholung, Bildung und Naturschutz ist die Generierung und Bereitstellung zoologischer Forschungsergebnisse eine der zentralen Aufgaben moderner Zoos. Wir leben in der Epoche des sogenannten Anthropozäns, also dem Zeitabschnitt, in dem der Mensch einer der wichtigsten Einflussfaktoren in Hinblick auf Klimawandel, Artensterben und -verschleppung, Vermüllung, Übernutzung zur Verfügung stehender Ressourcen geworden ist. In diesem Kontext soll daher im Fokus der Forschungen stehen, wie sich Wild- und Zootieren an eine sich wandelnde Umwelt anpassen können und wie Naturschutz im im Zeitalter der Globalisierung funktionieren kann. Zudem sollen Infektionskrankheiten von Wild- und Zootieren besser erforscht werden – und die wechselseitigen Beziehungen und Auswirkungen auf uns Menschen.
„Alle drei Forschungsschwerpunkte betreffen aktuelle gesellschaftliche Fragestellungen“, betont Prof. Dr. Birgitta Wolff, Präsidentin der Goethe-Universität, „Die Qualifikationsprofessur ist ein neues Modell, das wir hiermit auf hohem Niveau erproben können.“ „Anthropogen verursachte Veränderungen des natürlichen Lebensraumes und Krankheiten bedrohen derzeit zahlreiche Wildtiere in ihrem Bestand. Ein wichtiger Schritt in der Naturschutzbiologie ist es daher, vorhandene Restbestände, z.B. kleinste Wildtierpopulationen sowie Erhaltungszuchtgruppen in Zoologischen Gärten, wissenschaftlich zu untersuchen“, erklärt Prof. Dr. Sven Klimpel, Geschäftsführender Direktor des Instituts für Ökologie, Evolution und Diversität der Goethe-Universität am Campus Riedberg.
Die zunächst durch den Zoo Frankfurt mit jährlich 50.000 Euro über fünf Jahre finanzierte Qualifikationsprofessur wird nach dieser Zeit von der Goethe-Universität übernommen. Die Professur erhält modernste Labor- und Büroräume im Biologicum am Riedberg und eine personelle Ausstattung.
Stadt-Kaninchen mögen keine Nachbarn
Sie haben richtig gelesen: Stadtkaninchen pfeifen auf ihre Nachbarn. Um wissenschaftlich präzise zu sein: Sie zeigen ein stärkeres Bedürfnis als Kaninchen auf dem Land sich abzugrenzen, indem sie ihr Territorium mit Duftstoffen markieren. Das hat eine Forschergruppe der Goethe-Universität am Campus Riedberg herausgefunden.
Stadt-Kaninchen grenzen ihr Revier stärker mit Duftstoffen ab als ihre “Nachbarn” auf dem LandWas macht der Nachbar? Europäische Wildkaninchen (Oryctolagus cuniculus) erkennen das am Geruch der Latrinen, die wie ein Zaun die Grenze des Territoriums markieren. Latrinen in der Nähe des eigenen Baus dienen dagegen dem Informationsaustausch in der eigenen Gruppe. Kaninchen kommunizieren über Duftstoffe miteinander, die sich im Urin beziehungsweise im Kot befinden. Beim Schnuppern an der Latrine erfahren sie alles über das Alter, Geschlecht oder den sozialen Status der anderen Benutzer.
Doch Stadt-Kaninchen zeigen bei der Benutzung der Latrinen ein ganz anderes Verhalten als ihre Artgenossen auf dem Land, wie Madlen Ziege, Doktorandin der Arbeitsgruppe Ökologie und Evolution der Goethe-Universität, in der aktuellen Ausgabe des online Journals „BMC Ecology“ berichtet. Während Wildkaninchen auf dem Land mehr Latrinen in direkter Nähe zum Bau anlegen und diese auch häufiger nutzen, verhält es sich bei ihren städtischen Artgenossen ganz anders. Mit zunehmender Urbanisierung fanden die Forscher nicht nur besonders viele Latrinen an den Territoriumsgrenzen, d.h. weiter vom Bau entfernt, sondern auch Anzeichen dafür, dass sie regelmäßiger genutzt wurden als solche direkt am Bau. „Die Anlage von Latrinen zur Kommunikation zwischen benachbarten sozialen Gruppen, zum Beispiel um das Territorium eindeutig abzugrenzen, ist somit bei Wildkaninchen in der Frankfurter Innenstadt von besonderer Bedeutung“ so Madlen Ziege.
Erkenntnisse aus früheren Studien liefern eine gute Erklärung für diese Beobachtungen: In der Frankfurter Innenstadt leben nur wenige Tiere – oft sogar nur Pärchen oder einzelne Wildkaninchen – in einem Bau. Die Bauten- und Kaninchendichten sind hier jedoch sehr hoch und somit auch die Konkurrenz um Ressourcen. Eine klare Abgrenzung zum Nachbarn scheint hier von besonders großer Bedeutung zu sein, während die „interne“ Kommunikation in einer ohnehin kleinen sozialen Gruppe weniger wichtig ist. Im ländlichen Umland Frankfurts hingegen bewohnen große soziale Kaninchengruppen weitläufige Bautensysteme. Die Dichte an Bauten und Kaninchen ist hier vergleichsweise gering. Folglich ist die Kommunikation innerhalb derselben sozialen Gruppe von größerer Wichtigkeit.
Allerdings ist aus den aktuellen Informationen der Goethe-Universität nicht herauszulesen, ob all die Karnickel am Riedberg mehr Stadt- oder “Land”-Kaninchen sind. Vielleicht sehen wir sie jetzt aber beim Radfahren oder Spaziergehen mit anderen (interessierteren) Augen…
(Informationen: Pressestelle der Goethe-Universität/ Fotos: Fotolia (2)/ cd (1)