Besuch aus
dem Bundestag

Noch tragen alle Baustellen-Helme. Am Donnerstag kurz nach 17 Uhr benötigt man auch eine Taschenlampe, um die Räume in der Graf-von-Stauffenberg-Allee genauer zu sehen. Hier, so erklärt Billabong-Vorstand Judith McCrory und deutet fast ins Dunkel, wird das Stadtteilcafé entstehen. Mit offenen Treffs von Eltern mit Kleinkindern bis zu Senioren und einem Nachmittagsangebot für Schüler der 5. und 6. Klassen. Dann gibt es noch Mehrzweckräume, einen Ruheraum etwa für Babies, Lager, einen Werkstattbereich, der nicht nur für Workshops und Kurse ganz neue Möglichkeiten eröffnet, und einen großen Raum, der für Sport genauso wie für Veranstaltungen genutzt werden kann. Alles ist rollstuhlgerecht, damit auch Behinderte und die Lebenshilfe Frankfurt das neue Mehrgenerationenhaus am Riedberg nutzen können.

„Ich bin gerade völlig fasziniert, was ein Verein alles zu Wege bringt“, sagt eine Frau im roten Anorak, die aufmerksam zuhört, aber auch immer wieder Fragen stellt. Ulli Nissen, Frankfurter SPD-Bundestagsabgeordnete, ist gekommen, weil das bisherige Familienzentrum Billabong e. V. als Neubewerber in das Bundesprogramm Mehrgenerationenhaus aufgenommen ist, 30.000 Euro vom Bund und 10.000 Euro zusätzlich vom Land erhält. Nissen betont gerne die Bedeutung der Mehrgenerationenhäuser für Dialog, echte Bürgerbeteiligung und den Zusammenhalt der Menschen vor Ort. Hier will sie aber auch erfahren, wie es einer kleinen Gruppe von Frauen gelungen ist, ehrenamtlich und fast aus dem Nichts etwas aufzubauen, was einen ganzen Stadtteil mitprägen könnte.


Judith McCrory von Billabong zeigt der Bundestagsabgeordneten Ulli Nissen die neuen Räume


Die Frankfurter Politikerin betont die Bedeutung eines Mehrgenerationenhauses für die Menschen hier vor Ort

Man wollte nie ein „Häkelverein“ sein

Ja, am Anfang war hier außer Baukränen, Matsch und Acker nicht viel. Exakt elf Jahre ist es her, als sich Judith McCrory und einige andere aus der ganzen Welt in Frankfurt Gelandete im „Lahmen Esel“ in Niederursel erstmals getroffen haben, und wussten, „wir wollen Vieles, aber ganz bestimmt kein Häkelverein sein“. Sie selbst kam mit Mann und Kleinkindern gerade aus Schottland nach Deutschland zurück und wollte einfach „nette Leute kennenlernen“. Und durchaus trotz Kindern und Arbeit noch anpacken.

Zum monatlichen English-Stammtisch von Billabong geht sie immer noch. Inzwischen aber bietet der Verein, wie Vorstands-Kollegin Sabine Fiedler dem Besuch aus dem Bundestag erläutert, ein vielfältiges Angebot von Schangerschafts-Kursen, Yoga, Ballett, Ferienspielen bis zum Deutschunterricht und Vorbereitungskursen auf Sprachzertifikats-Prüfungen.

Noch kann Billabong das Jugendhaus und auch Räume in einigen Kitas mitnutzen. Der Umzug in das Erdgeschoss des neuen Studentenwohnheims in der Graf-von-Stauffenberg-Allee 46 ist ein nächster, großer Schritt. Und finanziell ein „Start-Up“.

„Wir zahlen Miete für 588 Quadratmeter“

Apropos Finanzen: Judith McCrory, im Verein dafür federführend zuständig, verweist darauf, dass aus dem losen Zusammenschluss von Mamas ein Verein mit sechsstelligem Umsatz und vier Angestellten geworden ist – und will gleich mal mit einer Mär‘ aufräumen, die sich teils am Riedberg verbreitet. Dass nämlich Billabong die neuen Räume quasi geschenkt bekäme. „Wir zahlen für die 588 Quadratmeter hier gestaffelt Miete“, stellt sie klar. Erst unter 10 Euro, später mehr. All das muss trotz Förderung erwirtschaftet werden. Mit einem durchdachten Konzept.

„Aber ohne die Hessenagentur wäre all das nicht möglich gewesen“, heißt es im Billabong-Vorstand. Denn die Hessenagentur knüpfte die entscheidenden Kontakte, sorgt für die wichtigste Einrichtung, finanzierte im großen Mehrzweckraum noch einen Tanzboden, „sozusagen als Abschiedsgeschenk“.

Dieser Raum, unter anderem wichtig für Veranstaltungen, kann in der Mitte geteilt werden. Damit man ihn möglichst vielfältig und jederzeit nutzen kann. Allerdings, so haben die Billabong-Verantwortlichen erst in der vergangenen Woche erfahren, wird diese Trennwand 20.000 Euro kosten. Noch basteln sie an einem Plan, wie sie dieses Geld durch Aktionen und Spenden in den nächsten Monaten aufbringen können.

Als die Bundestagsabgeordnete Ulli Nissen zwischendurch fragt, ob sie noch niemals Angst vor der eigenen Courage gehabt hätten, erinnert Judith McCrory an das Motto „Never give up!“ Am 24. März um 11 Uhr ist Richtfest für das neue Mehrgenerationenhaus – und wir Riedberger sind herzlich dazu eingeladen.


Kleines Detail beim Baustellen-Rundgang: Fenster gibt es noch keine, allerdings diese Info auf einer grauen Betonwand

(Text & Fotos: cd)

Teile diesen Beitrag mit Freunden