Zu Besuch beim Lesekreis

Der Lesekreis wurde bereits 2010 ins Leben gerufen. Man trifft sich in Abständen von etwa sechs Wochen in der Bibliothek der St.-Edith-Stein-Gemeinde.

Getragen wurde die Gründung des Lesekreises nicht von einem hochtrabenden Konzept – vielmehr von der schlichten Idee, dass sich Literaturbegeisterte zur Lektüre eines Buches verständigen und anschließend darüber sprechen.  So kommt es immer wieder vor, dass eine Teilnehmerin des Lesekreises (es sind tatsächlich nur Frauen dabei) ein tolles Buch für sich entdeckt und zur Besprechung vorschlägt.
Anregungen erhält die Gruppe auch von außen: z.B. einer Buchbesprechung in der Tagezeitung oder dem Fernsehen, oder bei einem Besuch der Buchmesse; mitunter schlägt auch das Bistum einen Buchtitel vor. „Wir haben auch immer an Frankfurt liest ein Buch mitgemacht“, betont die Leiterin des Lesekreises, Frau Vera Landua.

Die literarischen Themen strecken sich über ein weites Feld: von den bekannten Klassikern (z.B. Gustave Flauberts „Madame Bovary“), über zeitgenössische Romane (z.B. Bernhard Schlinks „Der Vorleser“), Jugendbücher (z.B. Wolfgang Herrndorfs „Tschick“), bis zu religiösen Themen (z.B. „Auf einen Tee in der Wüste“ von Schwester Jordana) gehört alles dazu, was die Teilnehmerinnen interessiert und deren Neugier weckt.
„Und daraus ergibt sich auch immer eine Diskussion: sei es über Religionen, das Judentum, über das Klonen, über Demenz … Wir versuchen dabei, den Bezug zum Leben und zur Realität herzustellen. Der Hauptgedanke ist der Austausch“ von eigenen Ideen und Erfahrungen, erklärt Frau Landua.

Konfessionszugehörigkeit spielt bei dem Lesekreis keine Rolle. Die (katholische) Gemeinde selbst gibt weder Themen noch Titel vor, sie stellt nur die Räumlichkeiten zur Verfügung. Begeisterung für die Literatur ist die einzige Voraussetzung zur Teilnahme.

Die Abstände zwischen den Lesekreisabenden hängen mitunter von der Dicke des Buches ab, so dass bei einem Titel von 500 bis 600 Seiten auch eine ein größere Zeitspanne liegen kann, bis man sich wieder sieht. Während der Sommerferien kommt die Gruppe gar nicht zusammen. Der nächste Termin wird im aktuellen Monatsblatt der Gemeinde oder im Aushang am Pfarrbüro bekannt gemacht.
Die Zahl der Teilnehmer schwankt bei jedem Treffen, zumal es keine feste Mitgliedschaft zum Lesekreis gibt. Vor der Corona-Pandemie kamen zwischen fünf und 18 Personen zusammen, was mitunter zu einem echten Gedränge in dem Bibliotheksraum geführt hatte. Seitdem man sich ab September 2023 wieder treffen darf, wurden diese Spitzenwerte nicht mehr erreicht. Am letzten Donnerstagabend waren neben der Leiterin fünf Frauen anwesend – „der Lesekreis muss sich erst wieder finden“. Das Alter der Teilnehmerinnen schätzt Frau Landua auf 50 plus; „Jüngere haben die Zeit einfach nicht“, vermutet die Lesekreisleiterin.

Warum Männer diese Veranstaltung nicht besuchen, bleibt auch dieses Mal wieder ungeklärt. Männer tauchen zu den Lesekreisabenden schon mal auf, „aber echt selten !“, wie zu erfahren ist. Dem Autor dieses Artikels wird nur empfohlen: „Das müssen Sie Ihre Geschlechtsgenossen fragen.“
Dabei werden in der Hauptsache keine „weibliche Themen“ gelesen.

Bei dem letzten Treffen stand der Titel „Die Teehändlerin“ von Susanne Popp im Mittelpunkt. Der Roman hat seit seinem Erscheinen i.J. 2021 eine große Leserschaft gewonnen und – nicht weniger entscheidend für die Auswahl – die Geschichte spielt sich im Frankfurt der Jahre 1839/40 ab. Der historische Hintergrund wurde von der Autorin gut recherchiert, was für die Lesekreis-Teilnehmerinnen immer wieder Anlass war, einige Details der Stadtgeschichte selbst nachzuschlagen. Thematisiert wurden im Roman Fragen wie die der Rolle der Frauen im 19.Jahrhundert, die ungleiche Behandlung der jüdischen Bevölkerung in Frankfurt und die Anfänge der Demokratie in Deutschland. Dennoch wurde die Geschichte von der Gruppe als ziemlich seicht bewertet, der Ablauf als allzu vorhersehbar, die Charaktere als zu glatt (also nur gut oder nur böse) dargestellt. Das Buch ist flüssig und leicht lesbar, gehört aber eher zur Kategorie literarischer Schnellkost.
MainRiedberg konnte an einer lebhaften Diskussion über das Buch und die Biedermeierzeit teilnehmen.  Man kann diesem Lesekreis nur etwas mehr Zulauf wünschen; die Veranstaltung stellt für den Stadtteil Kalbach-Riedberg eine echte Bereicherung dar.

Für das nächste Treffen (voraussichtlich am 28.Mai) hat man sich auf „Olga“ von Bernhard Schlink verständigt. Für die Zukunft wurde noch eine Reihe anderer Titel vorgeschlagen:

  • Ayelet Gundar-Goshen:   Löwen wecken
  • Philipp Peyman Engel:     Deutsche Lebenslügen
  • Katja Riemann:                  Zeit der Zäune
  • Celeste Ng:                         Kleine Feuer überall
  • Florian Wecker:                 Zebras im Schnee (Titel des diesjährigen
    Lesefestes „Frankfurt liest ein Buch“)

Links:
S. Fischer Verlag:
https://www.fischerverlage.de/buch/susanne-popp-die-teehaendlerin-9783596706037

Monatsblatt St. Edith Stein (dort das PDF-Dokument anklicken)
https://www.sankt-katharina-frankfurt.de/gemeinden-termine/st-edith-stein/

 

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