Wir sammeln, damit Kinder in die Schule gehen können!

Norah weiß genau, was sie hier erreichen will. Sie läuft mit einer selbst gebastelten Spendendose durch die Flohmarkt-Besucher. Und während die anderen Kids aus der Klasse 3d ebenfalls in Kleingruppen Spenden sammeln oder Spielsachen und Kleidungsstücke am Klassenstand für den guten Zweck verkaufen, erklärt die Achtjährige: „Unsere Lehrerin war im Sommer zwei Wochen in Indien und hat gesehen, wie schwer das Leben dort ist. Sie hat zwei Patenkinder und hat auch gesagt, dass sehr arme Kinder dort nicht zur Schule gehen können. Sie hat geweint, als sie davon erzählt hat.“ Nach einer kurzen Pause fügt Norah hinzu: „Spenden Sie doch bitte, damit die Kinder zur Schule können und ein besseres Leben haben!“ 50 Cent oder etwas mehr wären prima. Die zehn Euro, die eine Mutter in die Spendenbox steckt, verblüffen sie fast ein bisschen.

Es ist Sonntag Nachmittag. Kinderflohmarkt in der Grundschule Riedberg. Lehrerin Sarah Galow will nur aus dem Hintergrund agieren. Sie möchte weitergeben, „dass es nicht allen so gut geht wie uns“. Deswegen, und weil sie die private Hilfsinitiative „Nest Ooty Indienhilfe e. V.“ persönlich so berührt und bewegt, hat sie mit ihren Schülern in den vergangenen Wochen viel über die Situation der Menschen in einer Bergregion Südindiens gesprochen und die Idee für die Spendenaktion entwickelt.

Kein Schulgeld, keine Toiletten, kaum medizinische Versorgung

Ooty liegt auf einer Höhe von 2637 Metern, in den Blauen Bergen, im Bundesstaat Tamil Nadu. Die wichtigsten Wirtschaftszweige sind Teeanbau und Tourismus. Zahlreiche Menschen aber wohnen in Armut, im Slum. Schulgeld können diese Familien nicht zahlen. Selbst wenn Kinder zur Schule gehen könnten, mangelt es an Schultaschen, Schuhen, Kleidung, Lernmaterialien, Tischen und Bänken. Toiletten gibt es kaum, die medizinische Versorgung ist schlecht.

Vor wenigen Jahren begann ein älteres Ehepaar und ein indischer Pfarrer aus dem mittelfränkischen Scheinfeld, konkrete Hilfsprojekte zu entwickeln. In Zusammenarbeit mit dem Bischof von Ooty und einem Leitungsteam aus Priestern und Lehrerinnen der Schulen. Brigitte Wendinger, Mitgründerin, ist auch zum Flohmarkt am Riedberg gekommen. Sie erklärt, wie Kinderpatenschaften, der Um- und Ausbau von Schulen und Waisenhäusern sowie Unterstützung bei der weiteren Ausbildung „Kindern und Jugendlichen menschenwürdige Lebensbedingung ermöglichen“. Wenn Kinder, die unterstützt werden, nicht regelmäßig zur Schule kommen, erlischt die Hilfe übrigens.

2014 waren es noch 90 Patenkinder, aktuell gibt es 280. Ein Waisenkind hat vor kurzem die Ausbildung zur Krankenschwester absolviert und kehrt in die neue Erste-Hilfe-Station in ihrem Heimatort zurück. Auch diese hat der Verein initiiert.

580 Euro haben die Drittklässler gesammelt

Grundschullehrerin Sarah Galow lernte die Gründer des Vereins durch Zufall kennen. Im Urlaub auf Rhodos kam man ins Gespräch, nicht zuletzt über die verschiedenen Projekte in Indien. „Ich wollte mir ein Bild machen und hatte zuvor auch eine Patenschaft für ein Mädchen abgeschlossen, welches ich unbedingt kennenlernen wollte“, beschreibt Sarah Galow gegenüber MAINRiedberg. „Als Lehrerin liegt es mir am Herzen, dass möglichst alle Kinder der Welt die Möglichkeit bekommen, eine schulische Ausbildung zu erlangen.“

Vor Ort lebte sie bei der Familie des indischen Pfarrers und besuchte eine Schule. Sie war sofort begeistert, „wie viel tolle Arbeit meine Freunde schon geleistet haben und mit welcher Gastfreundschaft und Herzlichkeit ich von den Kindern empfangen wurde“. Die Kinder sahen glücklich aus und wollten „so viel wissen“.

Lehrerin Sarah Galow hat ihre Patenkinder in Indien bereits selbst besucht – und ist jetzt unfassbar stolz auf ihre engagierten Schüler hier am Riedberg

Ihr Patenkind zeigte das Zuhause im Slum. Dieser Moment war schlimm. Zu sehen, in welchen „schlimmen, unmenschlichen Verhältnissen manche Kinder heranwachsen müssen“. So reifte die Idee, das Projekt Nest Ooty in der Grundschule Riedberg nach und nach zu etablieren. Auch, weil Sarah Galow überzeugt davon ist, dass heutzutage Schule mehr sein sollte als reines Lernen von fachlichen Lerninhalten. An sozialen Projekten miteinander und füreinander könne man nur wachsen.

Ihre Drittklässler haben fleißig Spielzeuge, Bücher und Klamotten gesammelt, sind vorab durch alle Klassen der Schule gelaufen und machten Werbung für ihr Vorhaben. Plakate wurden auch noch gestaltet und den Verkauf erledigten sie am Sonntag größtenteils alleine.

Der Flohmarkt begann um 14 Uhr im Foyer der Grundschule. In nur zwei Stunden sammelten die Mädchen und Jungen der Klasse 3d eine Summe von 580 Euro. „Ich bin unfassbar stolz auf meine Schüler, die voller Tatendrang hinter dem Projekt stehen“, sagte Lehrerin Sarah Galow bereits vorabKinder in Indien werden umso glücklicher sein…

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Weitere Informationen über die Projekte der „Nest Ooty Indienhilfe e. V.“ gibt es unter www.nest-suedindien.de  Der Verein vermittelt auch Patenschaften. Mit zehn Euro pro Monat kann man Kindern aus ärmsten Familien den Schulbesuch und eine weitere Ausbildung ermöglichen.

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Fotos: privat/ MAINRiedberg

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