Schlagwort: Stolpersteine

Niederursel: Alteingesessene Bürger mussten fliehen oder wurden ermordet

Verlegung Stolpersteine in Niederursel

Ludwig Grünebaum wurde 1877 als drittes von zehn Kindern in Niederursel geboren. Sein Vater stammte aus Oberursel. Zusammen mit seiner Ehefrau Amalie betrieben die Grünebaums, die seit 1911 mit ihren Kindern in Niederursel in der Kirchgartenstraße 7 wohnten, eine Metzgerei in der Straße Alt-Niederursel 49.

Er verdiente seinen Lebensunterhalt mit Viehhandel und bezog mit seiner Frau ein eigenes Haus in der Nähe seines Geburtshauses in der Kirchgartenstraße 7. Nach der Geburt des dritten Sohnes starb Ludwig Grünebaum bereits 1923.

Um den Lebensunterhalt der Familie zu sichern, eröffnete Amalie ein Butter-Eier-Käse Geschäft. Die Söhne Bernhard, Walter und Helmut besuchten die Volksschule in Niederursel.

  • Bernhard begann 1926 bei der bekannten Frankfurter Metzgerei Julius Sostmann eine dreijährige Lehre als Fleischer. Im April 1929 bestand er die Gesellenprüfung und arbeitete weiterhin bei der Firma Sostmann als Geselle.
  • Walter absolvierte nach dem Schulabschluss eine kaufmännische Ausbildung und arbeitete als Büroleiter. Beide unterstützten Mutter und Bruder Helmut ab diesem Zeitpunkt finanziell. Helmut war ein sehr guter Schüler und wollte später einmal Lehrer werden.
  • Helmut verließ 1936 die Volksschule in Niederursel und besuchte ab dann das Philanthropin. Da er besonders gute Noten hatte, wurde er einer höheren Klasse zugeteilt und hatte auch Unterricht in Fremdsprachen.

Nach 1933 änderten sich die Lebensbedingungen der Grünebaums unter den Druck der nationalsozialistischen Regierung sehr schnell.

  • Bernhard Grünebaum verlor seine Arbeit, da die Firma Sostmann Schächtverbot erhielt und schließen musste. Er fand keine neue Arbeitsstelle mehr, bezog Arbeitslosengeld und flüchtete schließlich 1936 in die USA zu einem Onkel, der auch die Kosten der Reise übernahm. Er starb 1996.
  • Walter Grünebaum konnte noch bis 1938 seine Arbeitsstelle behalten, wohnte dann für kurze Zeit mit der Mutter und Bruder Helmut in der Scheffelstraße im Nordend, bevor er mithilfe des Bruders Bernhard 1938 zu ihm in die USA flüchtete. Er starb 1997.
  • Helmut Grünebaum musste 1938 das Philanthropin verlassen. Seiner Mutter und ihm gelang mithilfe der beiden Brüder noch die Flucht 1939 über Italien nach New York. Er starb 1993.
  • Amalie Grünebaum konnte wegen der mangelnden Sprachkenntnisse, ihres Alters und fehlender beruflicher Kenntnisse keine Erwerbstätigkeit mehr beginnen. Sie starb 1965.
  • Amalie Grünebaums Schwägerin Therese Wechsler, die ebenfalls noch in Niederursel in ihrem Elternhaus Alt-Niederursel 49 lebte, gelang nach dem erzwungenen Verkauf des Hauses mit ihrem Ehemann Edmund Wechsler und Sohn Erich ebenfalls die Flucht in die USA.
  • Ihr Schwager Moritz Grünebaum, der mit seiner Frau Rosa und dem Sohn Hans in der Kaiserhofstraße 16 wohnte, wurde mit seiner Frau 1942 ins Lager Theresienstadt und weiter nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Sohn Hans starb 1942 im Vernichtungslager Majdanek.

Am 30. Oktober wurde nun in der Kirchgartenstraße 7 die Stolpersteine für die Familie Grünebaum als Opfer der Verfolgung durch die Nationalsozialisten in einer Zeremonie der »Initiative Stolpersteine Frankfurt am Main e. V.« verlegt.

Verlegung Stolpersteine in Niederursel

© A. Droßmann

Dies war in Niederursel die zweite Verlegung. Erstmals wurden 2016 Stolpersteine zum Gedenken an die Familie Schott in der Spielsgasse 8 verlegt.

Die Aktion Stolpersteine wurde initiiert von Helmi Wiesenbach aus Niederursel. Ihr Vater war ein Klassenkamerad von Bernhard Grünebaum. An die Erzählungen des Vaters über dessen Besuch in Frankfurt nach dem Krieg kann sie sich noch gut erinnern. Die Steine wurden von ihr sowie von Franziska Eifert und Martin Lebert, Edgar Kalmbach und Petra Weber finanziert.


Weiterführende Links

Teile diesen Beitrag mit Freunden