Schlagwort: Probleme bei Umschuldungen

Zinsentwicklung und ihre Auswirkungen auf Baufinanzierungen in Hessen

Symbolbild zum Thema Baufinanzierung und Riedberg,

Zinsentwicklung im Zeitablauf

Seit 2016 sanken die Zinsen für 10-Jährige Baukredite etwa von 2 % bis auf 0,75 % in 2021. Dies änderte sich stark mit dem Überfall Russlands auf die Ukraine am 24.02.2022. Im selben Jahr schossen die Kreditzinsen auf fast 4 %. 2024 erreichten sie im Herbst mit 4,25 % ihren vorläufigen Höhepunkt.

Durch starke Leitzinserhöhungen der EZB und die weitere Entwicklung entspannte sich die Lage und die Inflation sank wieder auf ein Niveau von etwa 2 % ab. Während sich die kurzfristigen Zinsen mit der Inflation und den Leitzinsen der Zentralbank wieder nach unten anpassten, blieben die Zinsen für 10-jährige Bankkredite auf relativ hohem Niveau (3,6 % derzeit).

Schlechte Zeiten für Bauherren

Bauherren wurden in den letzten 3 Jahren gleich von mehreren Seiten in Bedrängnis gebracht:

  • Anstieg der Baufinanzierungskosten
  • Zurückhaltung der Banken bei der Kreditvergabe auf Grund gestiegener Risiken
  • Hoher Anstieg der Preise für Baumaterialien z.B. Zement (+56 %), Stahl (+42 %), …
  • Deutlicher Anstieg der Kosten für Handwerker (8 %) und Fachkräftemangel
  • Steigende Arbeitslosigkeit und schwache Konjunktur bei ausgeprägter Inflation

Die Konsequenz war ein deutlicher Rückgang bei den Baugenehmigungen von Wohngebäuden (2021: 175.000 Einheiten, 2024: 108.000 Einheiten).

Auswirkung für bestehende Baufinanzierungen

Die steigenden Zinsen haben nicht nur die Kosten für neue Baukredite erhöht, sondern auch die Anschlussfinanzierungen verteuert. Viele Eigentümer, die in der Vergangenheit zu günstigen Konditionen Kredite aufgenommen hatten, sehen sich nun mit hohen Raten konfrontiert, die sie oft nicht mehr bedienen können.

Hier ein paar Rechenbeispiele

Kreditaufnahmen: 2016
Darlehensbetrag: 300.000 €
Sollzins: 2 %
Anfängliche Tilgungsrate: 1 % p.a.
Monatliche Annuität: 750 €
Restschuld zum 30.06.2026: 267.000 €

Bei einer höheren Tilgungsrate
Anfängliche Tilgungsrate: 3 % p.a.
Monatliche Annuität: 1.250 €
Restschuld zum 30.06.2026: 200.000 €

 

Kosten für eine Anschlussfinanzierung
Kreditaufnahmen: 2026
Darlehensbetrag: 267.000 €
Sollzins: 4 %
Anfängliche Tilgungsrate: 1 % p.a.
Monatliche Annuität: 1.112 €
Restschuld zum 30.06.2036: 234.000 €

Bei einer höheren Tilgungsrate
Anfängliche Tilgungsrate: 3 % p.a.
Monatliche Annuität: 1.557 €
Restschuld zum 30.06.2036: 168.000 €

Bei einer noch höheren Tilgungsrate
Anfängliche Tilgungsrate: 5 % p.a.
Monatliche Annuität: 2.002 €
Restschuld zum 30.06.2036: 103.000 €

Dies führt zu einer steigenden Zahl von Zwangsversteigerungen, da viele Eigentümer inzwischen in finanzielle Not geraten.

Zwangsversteigerungen in Hessen

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Im Jahr 2022 wurden in Hessen 1.685 neue Zwangsversteigerungsverfahren registriert. Zwei Jahre später stieg diese Zahl auf 2.084, was einen Anstieg von fast 400 Verfahren bedeutet.

Die Rechtspflegerin, Frau Susanne Kassold vom Amtsgericht Frankfurt berichtet, dass sich die Verfahren oft über Jahre hinziehen. Neben Erbstreitigkeiten sind auch offene Schulden häufige Gründe für Zwangsversteigerungen. Banken und Finanzämter sind oft die Antragsteller, wenn Immobilieneigentümer ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen können.

Ausblick

Die aktuellen Entwicklungen im Bereich der Baufinanzierungen in Hessen sind beunruhigend. Die Zinssteigerungen haben nicht nur die Erschwinglichkeit von Immobilien beeinträchtigt, sondern auch zu einem Anstieg der Zwangsversteigerungen geführt.

Während das hessische Justizministerium die Zahlen im langfristigen Vergleich als weiterhin niedrig einstuft, spüren viele betroffene Familien die unmittelbaren Folgen dieser finanziellen Belastungen.

Es bleibt abzuwarten, wie sich die Zinsentwicklung weiter gestalten wird und ob Maßnahmen ergriffen werden, um betroffenen Eigentümern zu helfen.


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