Neben all den bunten Farben, die die Stadt Frankfurt zu bieten hat, ist sie vor allem grün, naturnah und viel umweltorientierter man denken mag. 8000 Hektar, eine Fläche so groß wie 10.000 Fußballfelder, bestehend aus Stadtwald, Parks und Grünanlagen, Sportanlagen, Kleingärten, riesigen freien Acker- und Wegeflächen, kurz ein Drittel der Stadtfläche, bilden den Frankfurter GrünGürtel. Das Herzstück des Regionalparks Rhein-Main feiert in diesem Jahr seinen 25. Geburtstag.
OB spricht von „historischer Entscheidung“
„Bis heute ist der GrünGürtel gewachsen und zu einer Marke geworden, die für Frankfurt von zentraler Bedeutung ist. Er bietet Menschen aus Frankfurt und Umgebung nicht nur Raum zur Erholung und die Möglichkeit zur Umweltbildung, sondern hat auch enorme Bedeutung für die Artenvielfalt und stabilisiert das Klima der Stadt, seine Einrichtung war eine historische Entscheidung für unsere Stadt“, erläutert Oberbürgermeister Peter Feldmann. Auch aus wirtschaftlicher Sicht, sowohl in der Land- und Forstwirtschaft als auch als Standortfaktor für Gewerbe und Industrie, spiele der GrünGürtel eine wichtige Rolle. „Symbolisch vertreten wird er durch das GrünGürtel-Tier, das Robert Gernhardt 2001 erfunden und der Stadt geschenkt hat. Inzwischen lebt es an vielen Orten im GrünGürtel, beispielsweise in Form von Skulpturen am Tiroler Weiher im Stadtwald, auf einer Brücke am dem Alten Flugplatz oder am Goetheturm“, so Feldmann weiter.
Die lange Geschichte des GrünGürtels
Von heute auf morgen entstanden ist der grüne Ring um Frankfurt vor 25 Jahren natürlich nicht. Bereits in den 1920er-Jahren gab es den Plan für einen „Grüngürtel Niddatal“. Rund 50 Jahre später hat der Stadtplaner Till Behrens ein erstes Konzept entwickelt. Mit dem damaligen Umweltdezernenten Tom Koenigs nahm dieses Konzept ab 1990 konkrete Züge an. Sowohl die Bevölkerung als auch Politik, Stadtverwaltung sowie nationale und internationale Planer wirkten am Ideenfindungsprozess mit. Am 14. November 1991 beschloss die Stadtverordnetenversammlung schließlich einstimmig die GrünGürtel-Verfassung. Darin festgelegt wurden unter anderem seine Fläche, Zusammensetzung und die sozialökologischen Ziele. „Der Beschluss des GrünGürtels durch die Stadtverordneten vor 25 Jahren war eine Jahrhundertentscheidung für die Frankfurt“, sagt Umweltdezernentin Rosemarie Heilig.
Um die konkrete Gestaltung des GrünGürtels, der seit 1994 flächendeckend als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen ist, kümmerte sich zunächst eine verwaltungsinterne Arbeitsgruppe, dann die GrünGürtel GmbH, seit 1997 eine ämterübergreifende Projektgruppe unter der Leitung von Klaus Hoppe aus dem Umweltamt. „Heute würde man sagen: Der Beschluss der Stadtverordneten war eine nachhaltige Entscheidung, doch damals war der Begriff noch nicht in aller Munde. Als ich damals zur noch jungen Projektgruppe GrünGürtel kam, begeisterte es mich, an einem Projekt mitzuwirken, das die Lebensqualität der Menschen in Frankfurt verbessert“, sagt Ingrid Wentzell vom Umweltamt, die seit dem Jahr 2000 Mitglied der Projektgruppe GrünGürtel ist.
Drei Ämter – eine Projektgruppe
Seit 2014 wird die Projektgruppe von Thomas Hartmanshenn geleitet. Für ihn liegt der größte Reiz an seiner Arbeit darin, dass man nur in Kooperation mit vielen unterschiedlichen Akteuren, wie den städtischen Ämtern, Naturschutzverbänden, Landwirten und anderen Vertretern wirtschaftlicher Interessen, etwas erreichen kann. „Am Erhalt und der Entwicklung des GrünGürtels sind so viele Menschen beteiligt, dass man eine gemeinsame Schnittmenge finden muss“, so der Geograf. Der 53-jährige Quereinsteiger, der erst seit gut zwei Jahren für die Stadt Frankfurt im Einsatz ist, war vorher viele Jahre im Bereich der Internationalen Entwicklungszusammenarbeit in unterschiedlichen Ländern tätig.
Innerhalb der Projektgruppe GrünGürtel, die heute aus fünf Mitgliedern aus dem Umweltamt, vier aus dem Grünflächenamt und einer Person aus dem Stadtplanungsamt besteht, finden regelmäßig Sitzungen und Workshops statt. Während das Umweltamt in Bezug auf den GrünGürtel eher konzeptionelle Aufgaben übernimmt, arbeitet das Grünflächenamt vor allem an der praktischen Umsetzung der Ideen. „Unsere Arbeit hat noch immer sehr viel mit Visionen zu tun“, sagt Hartmanshenn. Ohne Visionen vor 25 Jahren würde es den GrünGürtel in dieser Form heute sicherlich nicht geben. „Niemand wusste damals, wohin es geht. Natürlich haben wir noch nicht alles erreichen können, was die Stadt sich damals vorgenommen hat. In manchen Fällen hat die Realität allerdings die Vision übertroffen. 2003 hat sich beispielweise sicher niemand erträumen lassen, wie der Alte Flugplatz heute aussieht.“
Alter Flugplatz – neuer Naturraum
Der GrünGürtel hat mit seinen drei großen Landschaftseinheiten viele Gesichter. Am Berger Rücken im Nordosten des GrünGürtels gibt es viele Streuobstwiesen. Richtig grün ist es im Stadtwald, der sich von Schwanheim im Südwesten bis Oberrad im Südosten erstreckt und mit rund 4.000 Hektar die Hälfte der Fläche des GrünGürtels ausmacht. Das Niddatal, der dritte Landschaftsraum, beheimatet den Alten Flugplatz, den sich die Stadtteile Kalbach und Bonames teilen. Er wurde seit 2003 renaturiert und umgestaltet. Auf dem ehemaligen Gelände der US-Army wurden Asphalt und Beton aufgebrochen, damit sich die Natur ihren Raum zurückerobern kann.
Der Alte Flugplatz ist der Garten, den viele Frankfurter nicht haben. Hier können sie Inline skaten, Rad fahren, auf der Landebahn oder unter dem Baumhain picknicken und die entstehende Wildnis beobachten – einzigartig in einem Ballungsraum wie Frankfurt-Rhein-Main. Schollenfeld, Teiche, eine überschwemmte Feuchtwiese und Altarme der Nidda bieten Lebensraum für fast 120 Vogelarten, Frösche, Molche und Schmetterlinge. Seit einiger Zeit haben sich sogar Störche angesiedelt; in diesem Jahr brütet dort das erste Paar in Frankfurt seit über 40 Jahren. „Der Flugplatz ist bislang das bedeutsamste Projekt im GrünGürtel, in das von der Stadt und aus Naturschutzmitteln viel Geld geflossen ist“, sagt Thomas Hartmanshenn. Neben anderen großen Meilensteinen wie etwa der Bau des Bohlenwegs in den Schwanheimer Dünen oder die Ufer-Renaturierung der Nidda sei der Flugplatz das Vorzeigeprojekt schlechthin in der 25-jährigen GrünGürtel-Geschichte.
Seit dem Beginn der Renaturierung ist der Alte Flugplatz auch eine der Lernstationen im Bildungsraum GrünGürtel. Mit dem Programm „Entdecken, Forschen und Lernen“ bietet er Schulklassen, Kita-Gruppen und Familien Natur zum Anfassen. In den Ferien werden Sommerwerkstadt und Ferienspiele angeboten. Das Umweltamt konzipiert und finanziert zusammen mit dem Grünflächen- und Schulamt die Programme, die dann von der Naturschule Hessen, den Aeronauten, der Gruppe Finger und dem Verein Umweltlernen in Frankfurt umgesetzt werden. Thomas Hartmanshenn ist es besonders wichtig, dass Großstadtkinder den richtigen Umgang mit der Natur erlernen und physisch erleben: „Die Wahrscheinlichkeit, dass Menschen sich für etwas engagieren, wächst mit der Kenntnis über das jeweilige Thema. Je früher Kinder in Kontakt mit der Natur kommen und Landwirtschaft kennenlernen, desto besser ist es für ihr späteres Verständnis und ihr Engagement.“
LanschaftsLotsen weisen den Weg
Damit die Natur möglichst ungestört bleibt, sind beim Spielen und Sport treiben im Landschaftsschutzgebiet Regeln wichtig. Deshalb sorgen die LandschaftsLotsen von der Naturschule Hessen, die im Auftrag der Stadt tätig sind, auf dem Alten Flugplatz für Ordnung und informieren die Besucher. Von März bis September sind sie zu bestimmten Zeiten vor Ort, um zwischen den Freizeitinteressen der Bevölkerung und den Naturschutzinteressen zu vermitteln. So achten sie beispielweise darauf, dass bestimmte Flächen während der Vogelbrutzeit nicht betreten werden und beantworten alle Fragen rund um das Gebiet. Auch Führungen, etwa zur Geschichte des Alten Flugplatzes oder zur Vogel-und Amphibienwelt, bieten die Lotsen an. „Die Natur breitet sich auf dem Flugplatz in einer dermaßen kraftvollen Art und Weise wieder aus, dass man gut die eigenen Reserven auftanken kann. Für mich ist die Arbeit hier immer wieder ein Privileg“, sagt Torsten Jens, Geschäftsführer der Naturschule Hessen.
Torsten Jens und seine LandschaftsLotsen stehen seit kurzem vor einer zusätzlichen Herausforderung, denn seit Anfang Juni wohnen Flüchtlinge auf dem Platz vor den ehemaligen Hangars. Die neue Hauptaufgabe der Lotsen besteht nun vor allem darin, die Bewohner der neuen Flüchtlingsunterkunft mit ihrer Umgebung auf dem Flugplatz vertraut zu machen, um die Natur nicht zusätzlich zu belasten. Denn nur, wenn die Flüchtlinge die Natur als schützenswertes Gut kennenlernen und über die Regeln aufgeklärt sind, wissen sie, wie man richtig mit ihr umgeht. Deshalb wird die Präsenz der Lotsen erhöht, Übersetzer und spezielle Umweltbildungsprogramme für Flüchtlinge ergänzen das Angebot. „Gelingt die Integration der Flüchtlinge auf dem Flugplatz, wird dieses Projekt zur Eingliederung Vorbildfunktion für andere große Städte haben“, sagt Thomas Hartmanshenn.
Wie in New York
Nicht nur der Stadtrand ist grün, der GrünGürtel zieht sich bis zum EZB-Tower am Main. Hier trifft das Grün auf Bebauung. Das Stadtplanungsamt ist deshalb ständiges Mitglied in der Projektgruppe. „Dem GrünGürtel kommt auch im Bereich der Stadtplanung eine besondere Bedeutung zu, weshalb viele Projekte ämterübergreifend bearbeitet werden müssen, zum Beispiel das Projekt Landschaftslücke“, sagt Anne Sievers, Stadtplanungsamt, Abteilung Ökologie und Landschaftsplanung.
Im Rahmen des Projekts Landschaftslücke hat die Stadt an der Kreuzung von GrünGürtel und Mainufer den neuen Hafenpark angelegt. Mit Skateranlage, rund um die Uhr zugänglichen Sportfeldern und Liegewiese. „Ein Volltreffer für das Stadtgrün und die urbane Lebensqualität“, sagt Heike Appel, stellvertretende Leiterin des Grünflächenamts und Mitglied der Projektgruppe. Auch die Gedenkstätte für die Deportierten an der früheren Großmarkthalle kreuzt hier den GrünGürtel, in den Fußweg sind Zitate von Zeitzeugen eingelassen. Die letzte Lücke zwischen Main und Ostpark soll mit einer Grünverbindung über den Ostbahnhof auf einem nicht mehr genutzten Bahndamm geschlossen werden. „Wir bekämen damit ein Stück Highline-Park wie in New York in Frankfurt“, schwärmt Appel. Doch auch so hat der „Frankfurter Garten“ am Danziger Platz die Landschaftslücke schon bis auf wenige hundert Meter geschlossen.
Zukunft des GrünGürtels
„Der Erhalt des GrünGürtels per se ist eine Erfolgsgeschichte. Trotz der enormen Weiterentwicklung der Verkehrsinfrastruktur hat er sich flächenmäßig vergrößert und weiterentwickelt“, sagt Thomas Hartmanshenn. So seien seit seiner Entstehung nur fünf Hektar gelöscht worden, während an anderen Stellen 30 Hektar hinzugekommen seien. „Ich bin ganz schön stolz, an dem Erhalt der Fläche und der Leistungsfähigkeit des GrünGürtels mitwirken zu können und weiß jede Begegnung mit ihm zu schätzen“, freut er sich. Neben der Grundsanierung von inzwischen in die Jahre gekommenen Projekten, die einen großen Teil des Budgets ausmachen, bedarf es neuer Projekte, die auch in Zukunft den Erhalt und die Weiterentwicklung des GrünGürtels sichern sollen. „Eines davon ist das Speichen-Strahlen-Projekt, bei dem alle Möglichkeiten genutzt werden, mehr Grün in die Stadt zu bringen: Neben dem Gürtel sollen auch grüne Speichen, also Räume für Frischluftzufuhr, Erholung und Freizeitaktivitäten in der Innenstadt entstehen. Ins Umland, zum Beispiel in den Vordertaunus, soll der GrünGürtel mit Strahlen erweitert werden, um diese Naherholungsräume auch ohne Auto erreichen zu können“, wirbt Oberbürgermeister Feldmann für das Projekt.
Ein weiteres großes Projekt, mit dem bereits begonnen wurde, die Umgestaltung des Fechenheimer Mainbogens im Osten des GrünGürtels, ist die umfangreichste Renaturierungsmaßnahme, die es entlang des hessischen Mainufers gibt.
Im Süden des Mainbogens entsteht ab 2018 ein ufernaher, 700 Meter langer Altarm mit unterschiedlichen Böschungswinkeln und Flachwasserzonen. Der „kleine Altarm“ und die Insel, die zwischen den beiden Main-Anbindungen entsteht, werden dem Hochwasserschutz dienen und als Biotop wichtiger Lebensraum für Fische, Amphibien, Pflanzen und Insekten sein. „Der Fechenheimer Mainbogen ist ein unabdingbarer Teil des GrünGürtels, weil er ein enormes Potential an Entwicklungsmöglichkeiten hin zu einem Naturerlebnisraum mit hohem Freizeitwert birgt“, so Rainer Zimmermann vom Planungsteam Umwelt des Umweltamts. Als nächste Maßnahme soll ein weiterer neuer Seitenarm des Mains, der „Große Altarm“ mit 1.700 Metern Länge gebaut werden. Dafür muss die Stadt sich bei einem Flurbereinigungsverfahren, das 2015 in die Wege geleitet wurde und bis 2022 abgeschlossen sein soll, mit den Eigentümern der Flurstücke abstimmen.
Überall dort, wo sich die Möglichkeit bietet, soll der GrünGürtel auch in Zukunft ausgeweitet werden. „Landwirte spielen dabei als Akteure eine enorme Rolle, die für die Ideen des GrünGürtels gewonnen werden müssen, damit eine ökologischere landwirtschaftliche Produktion im urbanen Raum gelingt“, sagt Hartmanshenn. Außerdem könne noch mehr Renaturierung erfolgen, sowohl am Mainufer als auch mit der Anbindung von Altarmen an die Nidda. „Wenn sich Frankfurt in den nächsten 25 Jahren diese Richtung entwickelt, ist das ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer nachhaltigen Stadt.“
Jasmin Raykowski
Das Jubiläums-Grüngürteltier feiert natürlich mit! (Copyright: Philip Wächter)
Quelle: Presse- und Informationsamt Stadt Frankfurt/ großes Foto: Thomas Hartmannshenn, Leiter der Projektgruppe Grüngürtel mit dem Grüngürteltier)