Viel Wind, Adrenalin und 70 lange Kilometer: Am 1. Mai waren nicht nur die Profis beim Radsport-Klassiker „Rund um den Finanzplatz Eschborn Frankfurt“ am Start. Auch mehr als 4000 Jedermänner und -frauen fieberten dem RACEDAY entgegen. Als die Rad-Stars über unseren Riedberg sprinteten, hatten die Hobby-Radfahrer schon ihre 42-, 70- oder 100-Kilometer-Schleifen hinter sich. Auch Judith McCrory. Sie ist Riedbergerin, Mutter von zwei Töchtern und seit Jahren im Vorstand des Familienzentrums Billabong aktiv. Lesen Sie jetzt, wie sie das Rennen erlebt hat:
Um 5.30 Uhr bin ich aufgewacht. Das ist eigentlich normal, weil ich unter der Woche um 6 Uhr arbeiten gehe. Ich steh‘ auf und setz mich in die Küche mit einem riesigen Milchkaffee. Da steht auch das Rennrad, das ich gestern mit den Startunterlagen fertig gemacht habe. Die Fahrradklamotten hab‘ ich auch schon hingelegt. Obwohl ich jetzt schon weiß, dass mir der Hintern nach 20 km wehtun wird. Draußen zieht es wie Hechtsuppe. Zum Radeln – besonders über die Rosa-Luxemburg-Straße – ist das überhaupt nicht schön. Aber es regnet nicht und die Temperaturen sind ideal.
Um 7.30 Uhr fahre ich an der Krebsmühle vorbei nach Eschborn. Ich brauche eine gemütliche halbe Stunde bis zum Mömax. Der Rückweg wird wahrscheinlich weniger gemütlich, aber Autos kommen den ganzen Tag nicht durch und irgendwie muss ich ja heimkommen.
Start ist um 8.45 Uhr. Ich starte im Jedermann-Block J. Das ist so ein bisschen der Mitleids-Block der Jedermänner und -frauen. Hier darf alles herumstehen. Manche stehen wichtiger herum, manche sind entspannt. Auf jeden Fall wünscht man sich gegenseitig viel Spass und geht nochmal Richtung Toi-Toi.
Der Start ist im Sonnenschein, die Atmosphäre bizzelt und wir radeln los. Über die Autobahn. Man steckt sich gegenseitig an und tritt in die Pedale. Ein Massenrausch. Und auch ein Rauschen. Es weht nämlich kräftig. Die ganze Strecke lang. Zwischen den Hochhäusern in Frankfurt werden wir fast von den Fahrrädern gehoben. Hier steht auch ein Arbeitskollege und feuert mich an. An der Bockenheimer kommt der erste Krankenwagen entgegen. Meistens rutschen die Radler in den Kurven aus. Hoffentlich ist nichts Schlimmes passiert.
An der Rosa-Luxemburg klemm‘ ich mich hinter Rainer. So heißt er laut Startnummer. Wir reden nicht und kämpfen nur gegen den Wind. Der ist nur in der Kurve nach Stierstadt nicht zu spüren. Dafür geht es hier bergauf. Nichtsdestotrotz läuft es wunderbar. Und bergab Richtung Niederhöchstadt, mit Franfurt im Hintergrund bleibt mir vor Stolz und Freude und Adrenalin die Luft weg. Es ist wirklich wieder ein tolles Gefühl, mitzumachen.
Bei den Großmärkten in Eschborn geht es in die zweite Runde. Eigentlich hat die erste schon gereicht, aber was soll man machen? Weitertreten. Genau. Und wieder die Autobahn hoch und nach Frankfurt rein. Inzwischen sind auch die Skater, die Rollerfahrer und die Tandems auf der Strecke. Besonders den Skatern in langer Schlange mit gleichem Rhythmus schau‘ ich gerne zu. Das lenkt mich auch wunderbar die ganze zweite Runde ab. Und dann bin ich doch wirklich fertig und rolle ins Ziel.
Danach ist es ja sehr ablöschend unspektakulär. Irgendwer schneidet den Transponder ab (das Zeitmessgerät, das ich mit den Startunterlagen bekommen habe) und hängt mir eine Medaille um. Ich bin noch auf einen Geburtstag auf dem Riedberg eingeladen. Also verzichte ich auf die langen Schlangen zur Verpflegung. Bananen hab‘ ich auch zuhause. Und ich radle zurück von Eschborn zum Riedberg. Lust habe ich jetzt echt keine mehr. Und im Feld weht der Wind auch noch ziemlich stark. Aber was soll man machen? Genau: weitertreten. Und ich bin pünktlich wieder auf dem Riedberg, als die Elite durchsaust.
Nachwort: 86. bin ich geworden, von 163 Frauen. Mittelfeld wie angepeilt. Mein rechtes Knie tut weh, aber stolz bin ich wieder allemal. Nächstes Jahr fahr ich wieder mit!
Bericht & Foto: Judith McCrory