Also hier wohl der letzte Trainings-Bericht vor dem Rennen: Das letzte Wochenende hatte sich wildes Wetter zurechtgelegt. Doch am Sonntag war dann kein Gewitter, keine Hitze. Die selbstgesetzte Abfahrtszeit von 9 Uhr schaffte ich nicht, aber das machte gar nichts. Es sollte diesmal keine 50 km Strecke sein, wie Judith sie mit mir geradelt war, sondern etwa die Hälfte, dafür aber auf Tempo. Von Oberursel über Bad Homburg und Köppern in den Hintertaunus, die Steigung am Bundeswehrdepot als Training und dann über Wehrheim, Obernhain und die Saalburg wieder zurück.
Der vermaledeite Heuschnupfen hatte mich auch nach 14 Tagen noch nicht aus den Klauen gelassen. Aber der Vorteil am Radeln ist, dass mir Bewegung für die Zeit des Sports die Nase endlich mal frei sein lässt. Darauf freute ich mich. Und wie ich mich freute.
Einfach bombastisch!
Das Wetter war bombastisch und Judiths Fahrrad, das sie mir zum Trainieren gegeben hat, ist ein Wonne zu fahren (Verzeiht dieses altmodische Wort, aber es passt!) Es ist schön, auch mal alleine zu fahren: mein eigenes Tempo, meinen eigenen Rhythmus, in mich hineinhorchen, mich selber finden, das Tempo anzuziehen, wenn meine Beine mir sagen, dass noch was geht, schlappzumachen, wenn sie müde werden. Und dann um mich herum der Frühling. Jedes Fleckchen, das Erde hat, Regenwasser und etwas Sonnenschein, explodiert in Deutschland im Frühling mit Leben. So irre.
In Südaustralien, wo ich lange gelebt habe, eben nicht. Sonne ist ja zwar viel, aber wenn es nicht regnet, dann wird es eben schnell trocken und bleibt auch so. Die Feuchtigkeit im Frühling kommt aus den Regenfällen des Winters, denn danach hört der Regen fast ganz auf. Im Sommer regnet es bei uns innerhalb von sechs Monaten nur zwei Mal. Adelaide hat mehr Regen, aber das liegt auf der anderen Seite der Adelaide Hills. Die erinnern mich an den Taunus, langgezogen, auch genauso hoch. Und die Sonne beißt schnell, das Ozonloch über dem Südpol wächst zwar langsam zusammen, aber eben nur langsam. Die UV Strahlung, die da durchscheint, ist groβ. Aber nicht hier im Taunus, nicht vergangenen Sonntag.
Wenn man die Gänge so einstellt, dass die Kadenz zügig und beständig ist und die Anstrengung relativ niedrig bleibt, dann fliegen die Füβe mit den Pedalen im surrenden Rhythmus. Der Atem wird schneller. Ich fühle mich dann geschmeidig, sportlich, kraftvoll (ist ja auch schön, wenn man auf die 50 zugeht).
Wo Goldkehlchen gurren, Rauke blüht – die Oberschenkel brennen
Und dannn der Taunus. Bei unserer ersten 50 km Fahrt vor drei Wochen waren die Bäume noch kahl. Diesmal war alles grün. Hinter Köppern erreichte ich den Wald. Da geht der Anstieg zum Depot los. Am Bachlauf strahlten mich die weissblühende Pflanzen der Knoblauchsrauke an, schüchtern eingerahmt von ein paar violetten Veilchen. Die Rothkehlchen gurrten zärtlich im Unterholz, die Meisen hüpften in den Büschen herum. Irgendwo etwas weiter tirrilierte mit wildem Auf und Ab eine schlanke Grasmücke. Währenddessen fing ich langsam an zu schwitzen. Dieser Berg – ist nicht – so ohne. Die Oberschenkelmuskeln begannen sich zu beschweren. Eben unten in Köppern war ich noch stolz gewesen, eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 25,5 km zu haben. Jetzt ging mein Tempo zum Teil auf 14 km/h runter. Well. Es ist ja auch steil. Über mehrere Kilometer zieht sich der Berg mit bis zu 50 m Steigung innerhalb eines Kilometers. Aber trainiert den Gluteus maximus (schickes Wort für Popo).
Nochmal die Bergabfahrt nach Wehrheim geniessen, uiiih 43 km/h! Jetzt aber langsam Richtung zu Hause. Durch die fachwerkgesäumten Straβen von Obernhain, langsam ansteigend wieder in den Wald hinein. Da stand schon die Saalburg mit ihren schönen grauen Steinmauern. An der Siegessäule vorbei den unteren Waldweg zurück. Etwas Vorsicht ist geboten, ein Stück Holz in den Speichen, einen blöden Stein und schon konnte ich auf der Nase liegen. Also mehr Bremse. Kurz vor Oberstedten kommt die Pferdeweide mit Blick auf Bad Homburg. Dann war ich wieder zu Hause. Mmh, waren dann doch 31 km und 494 Höhenmeter.
Der 1. Mai kann kommen. Ich weiß, dass ich es schaffen werde. Judith und ich werden die Strecke eher genieβen, als sie durchzuhecheln.
Wenn aber dann der Radpulk losrast und die Menschen am Straβenrand eine eigene erwartungsvolle Energie zu dem Rennen geben, dann vielleicht…
Eure Maren