Klimawanderung in Frankfurts Nordwesten

Kaltluftentstehungsfläche Lerchenfeld

Der BUND Frankfurt hatte eingeladen, im Rahmen einer Wanderung vom Wasserwerk in Praunheim entlang des nördlichen Abschnitts der Bundesautobahn A5 bis zur U-Bahnhaltestelle in Niederursel sich den aktuellen Zustand anzusehen und über Konsequenzen einer Überbauung dieser Landschaft durch Straßen und Häuser nachzudenken.

Bisher sind auf dem Gebiet überwiegend landwirtschaftliche Flächen, der Steinbach, die Bundesautobahn sowie einige kleine natürliche Oasen vorhanden. Mit Oasen sind relativ naturbelassene Gebiete gemeint, die derzeit noch Pflanzen und Tieren aller Art als Rückzugsort zur Verfügung stehen. Was im Rahmen einer Landkarte oder einer Luftbildaufnahme nicht zu erkennen ist, ist das natürliche Gefälle der Landschaft vom Taunuskamm ausgehend, bis zum Main hinunter.

Kaltluftentstehungsfläche Lerchenfeld

Kaltluftentstehungsfläche Lerchenfeld

Vom Südrand von Steinbach bis zum Main sind es etwa 50 Höhenmeter. Darüber hinaus gibt es auf diesem landwirtschaftlichen Gebiet kleine Erhöhungen sowie Senken, die von den Taunusbächen wie dem Steinbach oder dem Urselbach in die Landschaft geschnitten wurden.

Derzeit können Niederschläge von den Feldern und Fluren aufgenommen, gespeichert und entweder über den Bewuchs oder über die Oberflächenverdunstung des Bodens wieder an die Luft abgegeben werden. Da dieser Verdunstungsprozess Energie benötigt, wird der Umgebung entsprechend Wärmeenergie entzogen, sodass sich die bodennahen Luftschichten stetig abkühlen. Auf diese Weise entsteht besonders in tropischen Nächten im Sommer dringend benötigte Kaltluft, die dem natürlichen Bodengefälle folgend in die nordwestlichen Vororte „fließt“. So sorgen diese „lokalen Winde“ besonders in Niederursel, Nordweststadt, Heddernheim und Praunheim für Abkühlung.

Inzwischen gibt es jedoch eine ganze Reihe von Bauprojekten, die zu einer kompletten Umgestaltung des Frankfurter Nordwestens führen könnten. Hier die derzeit bekannten und wichtigsten Vorhaben:

  1. Bau der Josefstadt
  2. Verbreiterung der Bundesautobahn A5 um mindestens zwei weitere Spuren
  3. Errichtung von Lärmschutzwällen und/oder Einhausungen der Autobahn
  4. Ausbau der Regionaltangente West

Oase Steinbachtalaue

Oase Steinbachtalaue

Wie wird dann das zukünftige Oberflächenbild im Frankfurter Norden aussehen?

Die bisherigen ertragreichen Ackerflächen werden überbaut mit Straßen, Häusern, Infrastruktureinrichtungen und Bahntrassen. Statt gelegentlichem landwirtschaftlichen Verkehr sowie Nutzung der Feldwege durch Fahrradfahrer, Sportler und Fußgänger werden auf den dann neu gebauten Verkehrswegen Lastkraftwagen, Kraftfahrzeuge aller Art, Motorräder und öffentlicher Personennahverkehr sowie U-Bahnen über die Straßen und Schienen rollen.

Ein guter Teil der bisherigen Oberfläche, die zur Kaltluftentstehung zur Verfügung stand, wird dann versiegelt sein und das Niederschlagswasser im besten Fall in Zisternen gesammelt, oder aber in der städtischen Entwässerung landen. Damit könnte es weder als Brauchwasser genutzt werden noch ins Grundwasser versickern.

Die neu errichteten Straßen und Bauwerke werden dagegen das Sonnenlicht als Wärme speichern und über Nacht wieder abgeben, sodass hier eine deutliche Erhöhung der Durchschnittstemperaturen stattfinden wird.

Auf den Strömungsflächen entstehen für die Kaltluft nicht überwindbare Barrieren, wie z. B. der Schallschutz bzw. die Einhausung der Bundesautobahn 5. Auch die zahlreichen Baukörper in der geplanten Josefstadt werden das Fließverhalten der Kaltluft erheblich ausbremsen.

Nach einer Prognose des Deutschen Wetterdienstes wird das Thermometer in Frankfurt
bis 2050 kräftig steigen. Im Extremfall gibt es bis zu 72 Tage pro Jahr,
an denen die 25-Grad-Marke überschritten wird.
Einschätzung der Stadt FFM 2016

Auch der Laie kann sich jetzt gut vorstellen, was das für Konsequenzen für die nachgelagerten Stadtteile wie z. B. die Nordweststadt, Niederursel, Ginnheim, Dornbusch und so weiter haben wird. Gerade in den sommerlichen Tropen-Nächten mit Spitzentemperaturen (in tropischen Nächten geht nachts das Thermometer nicht unter 20 Grad) werden sich die Temperaturen in den nördlichen Stadtteilen und auch im Stadtzentrum entsprechend erhöhen.

Damit werden die negativen Effekte der bevorstehenden Klimaerwärmung in Frankfurt noch einmal deutlich verstärkt. Die Zahl der Hitzetoten wird voraussichtlich steigen. Das Leben in Frankfurt in den heißen Monaten wird für die Bevölkerung immer mehr zur Qual werden. Andererseits werden einige Tausend Menschen zusätzlich nach Frankfurt ziehen können, da hier die benötigten Wohnungen geschaffen werden. Für die Politik ist diese Situation eine richtige Zwickmühle.

Wer Interesse hat, im Rahmen einer Klimawanderung sich die betroffenen Gebiete einmal näher anzuschauen, kann sich beim BUND melden: ruediger.hansen@bund-frankfurt.de.


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