Die Liebe zum Beruf

Teenager mit Schulbüchern

Foto: Element5-Digital on Unsplash

Die Tage erschien der »Nationale Bildungsbericht« mit der Überschrift: Bildungssystem am Limit, die Zahl der Schulabbrecher steigt. Obwohl mehr Geld und mehr Personal investiert werden, es mehr Schulen gibt, ist man mit dem Ergebnis noch lange nicht zufrieden. Viel zu viele junge Menschen verlassen die Schule ohne Abschluss.

Solche Berichte erscheinen in regelmäßigen Abständen und die Botschaft, die sie enthalten, wird auch nicht besser. „Herkunft und Bildung der Eltern sind maßgeblich für den Bildungserfolg ihrer Kinder“. So war das schon vor 20, 30, 40 und mehr Jahren. Geändert hat sich zwischenzeitlich leider nicht viel.

In den Medien wird gerne darauf hingewiesen, dass nach einer erfolglosen Schulphase die Kinder in wenig angesehenen Berufen landen. Jetzt hat jeder nun so seine eigenen Vorstellungen davon, was wenig angesehene Berufe sind. Gerne denkt man dann an Reinigungsberufe, Gastronomie oder den Pflegebereich.

Aber warum eigentlich? Weil diese Berufe oft schlechter bezahlt werden, als Berufe, für die man ein Hochschulstudium benötigt? Oder weil das Berufe sind, wo man sich die Finger schmutzig macht? Oder weil diese Berufe wie in einem indischen Kastensystem in der Wertschätzung eher am unteren Ende der Skala rangieren?

Dabei wird zu gerne vergessen, wie wichtig gerade diese Berufe für unser persönliches Wohlbefinden sind. Ob es in den Verwaltungsberufen einen Angestellten mehr oder weniger gibt, das kann uns ziemlich egal sein. Die Digitalisierung kann das kompensieren.

Aber wenn nicht genügend Pflegekräfte da sind, wenn es an Bedienungen, Köchen und Betreibern von Gastronomieeinrichtungen fehlt, dann sind wir sehr persönlich und sehr unmittelbar und nachhaltig betroffen.

Wie wichtig eine gut funktionierende Müllentsorgung ist, merken wir oft montags, wenn die Stadt von unseren Wochenendaktivitäten vermüllt worden ist und einen richtig schmuddeligen, müffelnden Eindruck macht.

Und das mit der schlechten Bezahlung ist auch oft ein klassischer Irrtum. Als ich Anfang der 80er-Jahre meine Lehre in einer Bankfiliale begann, konnte ich einen Blick auf die Gehälter verschiedener Berufsgruppen werfen.

Man glaubt gar nicht, mit welchen Gehältern zum Beispiel Menschen aus dem Reinigungsgewerbe oder aus der Gastronomie nach Hause gehen. Hier hat das Gehalt oft den Charakter von Schmerzensgeld für die Drecksarbeit, die hier geleistet wird. Aber selbst, wenn die Bezahlung nicht so gut ist, wie in den ärztlichen Berufen oder in den Berufen, wo überwiegend Angestellte tätig sind, so ist eben Geld doch nicht alles.

Ein gutes Betriebsklima, ein positives Verhältnis zu der täglichen Arbeit, die man leistet und die Anerkennung der Kunden, die man gerade gepflegt oder bedient hat, oder deren Dreck man soeben beseitigt hat, sind viel wert.

Entscheidend ist letztendlich die persönliche Identifizierung mit seinem Beruf und die Liebe zu der Arbeit, die man verrichtet. Eine der vielen Aufgaben, die unser Schulsystem leisten sollte, ist die vielfältigen Talente, die in unseren Kindern stecken, zu entdecken und zu fördern.

Nicht das Abitur sollte das Ziel unseres Bildungssystems sein, sondern dass jedes Kind für sich entdeckt, welche Fähigkeiten es hat und welche Tätigkeiten ihm Spaß machen, oder auf welche Berufe es neugierig ist. Dann ist schon viel geleistet. Der Rest wird sich finden …

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