Feministisches Frankfurt: Vergessene Frauen sichtbar machen

Erna Pinner, Fotografie um 1925, Schenkung von Alexander Oldham, London, HMF

Erna Pinner, Fotografie um 1925,
Schenkung von Alexander Oldham, London, © HMF

Wer sich auf Frankfurter Straßen bewegt, merkt schnell, dass der Großteil dieser Straßen nach Männern benannt ist. Wenn man an berühmte Frankfurter Persönlichkeiten denkt, fallen einem sofort einige Männer ein, allen voran natürlich Johann Wolfgang von Goethe.

Doch auch viele Frauen haben die Geschichte der Stadt geprägt und gestaltet. Durch systematische Benachteiligung und Verdrängung sind ihre Biografien und Errungenschaften jedoch oft in Vergessenheit geraten.

Aus diesem Anlass widmet sich der neue Themenlayer „Feministisches Frankfurt” in der Frankfurt History App den Lebensgeschichten von bedeutenden, aber unbekannten Frauen und queeren Persönlichkeiten aus Frankfurt.

Als wissenschaftliches und theoretisches Fundament dienen dabei Interviews mit Dr. Katharina Hoppe. Sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Goethe Universität und beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit sozialer Ungleichheit.

Außerdem wurde mit der Feministischen Bibliothek am Campus Bockenheim und dem Archiv Frauen und Musik zusammengearbeitet.

Die History App ist einfach zu handhaben und kann kostenlos auf jegliches mobiles Endgerät heruntergeladen werden.

Neben dem Themenlayer „Feministisches Frankfurt”, gibt es Rundgänge zu den Schauplätzen der Revolution und dem Nationalsozialismus. Die App ist auch in englischer Sprache verfügbar. Eine klare Empfehlung für jeden, der mehr über die vielfältige Geschichte Frankfurts erfahren will!

Um richtig ins feministische Frankfurt abtauchen zu können, bietet die History App eine Einführung, in der ein Glossar enthalten ist, das themenspezifische Begriffe wie „FLINTA*” und „intersektional” verständlich erklärt.

Nachdem die Basics geklärt sind, kann man sich ganz frei durch verschiedene Themenbereiche wie zum Beispiel „Gegen das Patriarchat” und „Feminismen der Gegenwart” klicken.

Die bekanntesten Frauen sind dabei wohl Rosa Luxemburg, die nicht zuletzt aufgrund der Rosa-Luxemburg-Straße allen Riedbergern ein Begriff sein dürfte, und Johanna Tesch, Namensgeberin eines Platzes in Riederwald.

Rosa Luxemburg hielt in Frankfurt zahlreiche Reden gegen Militarismus und imperialistische Kriege. Wegen des Aufrufs gegen den Militärdienst verurteilte sie das Landgericht Frankfurt zu einem Jahr Haft.

Johanna Tesch wurde in Sachsenhausen geboren und setzte sich als SPD-Politikerin für die Bildung von Frauen ein. 1945 starb sie im Konzentrationslager Ravensbrück.

Auch Riedberger Straßen, von denen übrigens nur etwa 25% nach Frauen benannt sind, bieten interessante Geschichten von weiblichen Persönlichkeiten, die oft von männlichen Machtstrukturen unsichtbar gemacht wurden.

Erna Wilhelmine Pinner wurde 1890 in Frankfurt geboren und begann schon mit 16 ein Studium am Städelschen Kunstinstitut. Sie spezialisierte sich auf Tierdarstellungen und wurde eine gefragte Illustratorin. 1935 emigrierte sie, da sie aufgrund ihrer jüdischen Herkunft zunehmend Ausgrenzungen erfuhr, nach England, wo sie sich mit der Illustration von zoologischen und paläontologischen Büchern eine neue Existenz aufbaute.

Später erhielt sie von Bundespräsident Theodor Heuss das Bundesverdienstkreuz.

Gräfin Dönhoff, die einer Straße in der Nähe der St. Edith-Stein-Kirche ihren Namen gibt, war geachtete Publizistin und Chefredakteurin der »Zeit«.

Die Ruth-Moufang-Straße, die am Otto-Stern Zentrum entlangführt, ehrt die Mathematikerin Ruth Moufang, die als erste Frau Deutschlands 1957 zur ordentlichen Mathematikprofessorin berufen wurde.

Es lohnt sich also definitiv, beim nächsten Spaziergang über den Riedberg die Augen nach weiblichen Straßennamen offen zu halten und so vielleicht einige interessanten Frauen kennenzulernen.

Teile diesen Beitrag mit Freunden